Langsam, beharrlich stieg die Sonne am Himmel empor und tauchte die schier unendlichen Wälder Tythons in das noch jungfräuliche Licht des anbrechenden Morgens. Erste Vögel verließen ihre Baumkronen auf der Suche nach einer frühen Mahlzeit, während es weit unter ihnen, im niemals wirklich ganz von der Helligkeit durchdrungenen Dickicht bereits seit Stunden raschelte.
In diese fast schon heilige, unberührte Stille hinein schnitt das Aufheulen mehrer startender Speederbikes am Rande einer von kleineren Bergen umgebenen Lichtung, auf der sich ein offenbar noch recht neuer Gebäudekomplex in das Gesamtbild seiner Umgebung einzufügen versuchte. Ganz recht wollte ihm das nicht gelingen: Die Enklave des Jedi-Ordens war zwar mit möglichst viel Rücksicht auf die ansässige Flora und Fauna konstruiert worden, strahlte aber allein schon mit ihren weithin sichtbaren Com-Empfangsanlagen an diesem so verträumten Ort etwas Fremdartiges, zu Strukturiertes aus.
Erneut peitschte das Geräusch erwachender Motoren durch die klare, vom Raureif leicht feuchte Luft, begleitet von erwartungsfrohem Kinderlachen. Einige Wesen verschiedenster Spezies und unterschiedlichsten Alters, allesamt in erdfarbene Roben gehüllt, kamen die große Freitreppe am Zentralgebäude der Zuflucht herunter, wechselten kurz einige grüßende Worte mit den Mechanikern, die die morgendliche Ruhe mithilfe der Repulsorliftvehikel so unsanft gestört hatten und versammelten sich dann in einem Halbkreis um ihren wohl Ältesten, die Aufgaben für den kommenden Tag empfangend: Das AgriCorps würde diesen viel versprechend werdenden Tag nicht ungenutzt verstreichen lassen und die lokale Vegetation möglichst eingehend studieren – sei es draußen in freier Wildbahn oder den speziell angelegten Gärten auf dem weitläufigen Gelände.
Ähnlich pflichtbewusst waren zu dieser frühen Stunde aber nicht nur die Botaniker des Ordens: Durch die weitläufigen, hellen Flure der Enklave hallte das tiefe Brummen aktivierter Lichtschwerter. Einzelne Padawane übten in einem der zahllosen Innenhöfe allein oder zu zweit – und dann unter Aufsicht eines Lehrmeisters – den Umgang mit ihrer Waffe, während die Jünglinge, zusammengefasst zu Klassenverbänden, in eigens dafür errichteten Trainingsräumen ihre ersten Erfahrungen mit diesen so seltsam grün oder blau leuchtenden Geräten machten. Vollwertige Ritter durchschritten ihre Reihen oder standen in Paaren an die Wände der Räume gelehnt, wachen Auges über potenzielle Lehrlinge diskutierend.
Mit dem (möglichen) Kampf beschäftigte man sich gleichzeitig auch an anderer Stelle – allerdings in ganz anderer Dimension: Piepend und blinkend verkündeten die Gerätschaften im abgedunkelten Sicherheitszentrum der übernächtigten Besatzung – darunter auch einige der wenigen republikanischen Soldaten, die nach dem Vertrag von Coruscant noch dazu bereit waren, eng mit dem Orden zusammenzuarbeiten -, dass soeben eine größere Anzahl von Schiffen in das nur elf Planeten umfassende Tython-System eingedrungen war. Müde Finger tippten eilig Befehle in die Konsolen ein: Erfolglos. Die Identität der Flottille ließ sich nicht ermitteln, war aber sicherlich kein Verbund der ausgewählten Schmuggler-Frachter, die die hier Exilierten diskret mit Nahrungsmitteln versorgten. Das Wort „Imperium“ lag in der Luft, denn selbst innerhalb der Republik wussten nur die Wenigsten von der Existenz dieses Ortes. Entsprechend besorgt wandte sich der Befehlshaber der Trooper, ein erfahrener Sergeant Major, an einen der anwesenden Jedi und empfahl dringend, dieses Vorkommnis einem Angehörigen der Meisterriege zu melden.
Diese – und viele der sachkundigen Ritter - wiederum befand sich just in diesem Moment zu großen Teilen auf dem Weg in den Versammlungssaal, im rechten Seitenflügel des Trakts gelegen. Auf dem Ablaufplan der heutigen Zusammenkunft stand die Entscheidung über den Ausbau der Bibliothek, die nach der Plünderung Coruscants mehr Bücher und Holocrone aufnehmen musste, als ursprünglich erwartet: Gute Seelen retteten tagtäglich immer neue Aufzeichnungen aus den Ruinen des alten Tempels. Außerdem musste dringend das Kommuniqué des als Hardliner geltenden Senators Ser’ta beantwortet werden, der seit Monaten öffentlich lautstark Zutritt zur Enklave forderte, angeblich um sicherzustellen, dass dort keine „republik-feindlichen Ränke“ geschmiedet würden. Obwohl die galaktische Gemeinschaft sein Misstrauen gegenüber dem Orden zwar unterstützte, munkelten böse Zungen doch, der Repräsentant einer der wichtigsten republikanischen Waffenschmieden bange nur um seine Wiederwahl und versuche diese nun mithilfe eines geschickt inszenierten Skandals zu forcieren.
Solche hochpolitischen Gedanken interessierten einige Meter weiter in den noch recht dürftig ausgerüsteten Hallen der Heilung freilich niemanden: In den vergangenen Wochen war es immer wieder zu mysteriösen Attacken auf Padawane gekommen, die im Rahmen ihrer Ausbildung abgelegene Orte des Planeten aufsuchten, um dort zu meditieren. Niemand hatte den oder die geheimnisvollen Angreifer bisher wirklich erkennen können, aber die zugefügten Wunden ließen auf eine Kraft schließen, die unmöglich von Menschen oder einer ähnlich gebauten Spezies ausgegangen sein konnte. Todesfälle waren bisher glücklicherweise ausgeblieben, dennoch mussten die meisten Verletzten in ein künstliches Koma versetzt werden. Fieberhaft arbeiteten die Helfer an ihrer Behandlung, aber sonderlich beunruhigt war die Mehrheit von ihnen ob des Zustandes ihrer Patienten oder der anderen Ereignisse in der Enklave nicht: Immerhin begann für die Jedi in diesen Minuten nur ein ganz normaler Tag mitsamt des gewöhnlichen Wahnsinns. Oder doch nicht?