Sie sind nicht angemeldet.

1

Samstag, 21. Juli 2018, 23:48

Tagebuch eines Soldaten

Tagebuch Eintrag 1:

Die Luft brannte, es roch nach Öl, Fyzelen und nach etwas anderem, beißendem. Es stellte sich heraus, es war verbranntes Fleisch. Menschenfleisch.
Das Bombardement hielt mehrere Stunden an und verwandelte die vormals prächtigen Werften und Trockendocks zu Schutt und Asche. Ich war gerade in den unteren Ebenen als es angefangen hat. Erst hörten wir nur ein Donnern, dann ertönte eine Sirene, ehe es zu einem stetigen Grollen heranwuchs. Die Erde bebte und mir war klar, die Oberen Ebenen gab es nicht mehr. Wir waren in einem der Ess- und Wohnbereiche der Werft, ich und die anderen meines Bautrupps. Wir hatten den Tag über damit beschäftigt gewesen ein paar FT Sternenjäger zu warten und zu reparieren. Die FT Baureihe 6 - 8 diente der Republik als Jagdbomber, waren schwer bewaffnet und gut gepanzert. Dementsprechend war die Reparatur ein aufwändiger Umstand. Die schweren Panzerplatten ließen sich nur mit Hebebühnen und viel Muskelkraft austauschen. Doch wie es schien war das alles nun vergebens.

Mein ehemaliger Arbeitsbereich lag in Trümmern, eine weitere Bombe, vermutlich ein Bunkerbrecher hatte sich in die unteren Ebenen gebohrt und dort ein Inferno verursacht. Die Wohnbereiche waren getroffen. Viele starben sofort durch die Explosion, herumfliegende Trümmerteile oder wurden eingeklemmt und verbrannten bei lebendigem Leibe. Ich weiß nicht ob es Schicksal war oder einfach nur Glück. Ich hatte überlebt... Ein Tisch wurde durch die Wucht der Explosion aufgewirbelt und hat mich in einen kleinen Nebenraum geschleudert. Eine kleine Abstellkammer für Putzmittel, Konserven und jeglichen Schnickschnack den man brauch. Dabei verharkte sich der Tisch im Eingangs-bogen und bildete so eine schützende Tür. Ich weiß nicht wie lange ich bewusstlos war. Doch als ich aufwachte spürte ich noch die Hitze des Infernos. Ich versuchte nach Hilfe zu schreien, doch kamen kaum Laute aus meinem trockenen Mund. Die Wucht der Tür hat mir einige Rippen gebrochen und die Luft aus den Lungen gedrückt. Etwas warmes lief an meinem Kopf herunter, es war Blut. Mein Blut. Jede Bewegung verursachte schmerzen und meine rechte Schulter wahr wohl ausgekugelt. In solchen Momenten fragt man sich oft:"War es das? Wirst du so abtreten?". Schnell verwarf ich diese Gedanken. Solange ich noch atmen konnte, wollte ich weiter Kämpfen. Dies wurde später zu meinem Leitsatz... wer noch atmen kann, kann gerettet werden. Weiter machen. Kämpfen. Überleben.

So sammelte ich meine Kräfte und machte mich daran zu versuchen die Tisch-Tür wegzudrücken. Ohne Erfolg. Sie hatte sich verkeilt und war nicht zu bewegen. So verharrte ich,suchte nach Möglichkeiten mich zu befreien. Der Stiel eines Wisch-mops brach ab, als ich versuchte damit eine Hebelwirkung an einer Kante des Tisches zu erzielen. Mit jeder Anstrengung spürte ich wie meine Kraft langsam wieder entwich. Ich fühlte mich schwummrig und merkte, dass ich keine Chance hatte mich selbst zu befreien. Also wartete ich... Irgendjemand sollte das Bombardement überlebt haben. In immer wiederkehrenden Abständen hämmerte ich an die Tisch-Tür, in der Hoffnung man würde mich hören. Glück im Unglück, waren viele der Konserven unversehrt geblieben. Sie hielten mich zwei Tage am Leben. Es waren lange Tage. Kamen mir fasst wie Wochen vor. Von draußen hörte man immer wieder ein knarzen und scheppern. Wenn der gesamte Komplex einstürzt.. war es das. Ich wäre begrabend und würde erst in Jahren wieder ausgegraben werden. Als Skelett. Jede Stunde, ließ ich mir mein neues Motto durch den Kopf gehen. Ich wollte nicht aufgeben, nicht sterben. Dann am zweiten Tag hörte ich es endlich. Schritte, ein klopfen. Rettungsmannschaften hatten begonnen die Trümmer nach überlebenden zu durchsuchen. Es dauerte noch einige Stunden bis sie mich fanden und mit einem Schweiß-Brenner den Weg öffneten. Sie führten mich aus dem kleinen Nebenraum,dann sah ich das Chaos. Die Decke war eingebrochen und obwohl mehrere Etagen über uns waren, konnte ich das Licht schimmern sehen.

Ein Trümmerfeld war dort, wo ehemals Tisch-reihen und Bänke standen, an denen sich Arbeiter und Angestellte von den Strapazen des Arbeitstages erholten und gegessen haben. Ich sah mehrere Tücher ausgebreitet auf dem Boden.. über Leichen. Aus einem Tuch ragte noch ein verkohlter, schwarzer Arm hervor. Glück, es war eindeutig Glück. In diesem Raum hat niemand überlebt. Der Durchgang zur Küche war ebenfalls eingestürzt, die Essens-Annahme war ausgebrannt und nicht mehr wieder zu erkennen. Im vorbeigehen hörte ich einige der Rettungskräfte murmeln. Sie hatten wohl nicht damit gerechnet noch jemanden nach zwei Tagen hier unten zu finden. Sie brachten mich zu einem nahe gelegenen Krankenhaus. Überfüllt, unterbesetzt und auch von einer Rakete getroffen, doch noch funktionell. Auf dem Weg dorthin erkannte ich erst das Ausmaß der Zerstörung. Die große Südost-Werft, Schlachtschiff großer Gebäudekomplex war nicht mehr. Mehrere Tausend Arbeiter unter ihr begraben und gestorben. Häuserreihen weggebombt, Parks bestanden nur noch aus Kratern und verkohlter Erde. An diesem Tag hat es unseren Abschnitt am härtesten getroffen. Warum habe ich überlebt?
Es muss einen Sinn dafür gegeben haben. Ein Schicksal, dass sich mir noch eröffnen sollte. Nach meiner Behandlung durfte ich bereits das Krankenhaus verlassen. Sie hatten größere Sorgen als mich.Somit verließ ich es wieder und blieb am Ausgang stehen. Dann sah ich es, mein Schicksal. Meine Bestimmung.
Ein Plakat auf der anderen Seite der Straße, ein Plakat der großartigen Armee der Republik mit der aufschrift "Melde dich für die Republik. Melde dich für die Armee!" So begann meine Laufbahn als Soldat.

Es haben sich bereits 4 registrierte Benutzer bedankt.

Benutzer, die sich für diesen Beitrag bedankt haben:

Gryth (21.07.2018), Ashanea (22.07.2018), Harlen Gregorius (22.07.2018), Shifty (23.07.2018)