Als der Mann in der Cantina des Raumhafens auftauchte, glaubte Athi, Cadorr habe sie angelogen. 'Der soll etwas über Jedi wissen? Er sieht aus wie ein Söldner.' Lässig wirkte der Mirialaner. So, als habe er mehr erlebt, als er erzählen könne - und wolle. Auf seinem Rücken hing ein Gewehr, im Gürtel steckte ein Messer.
Cadorr und er begrüßten sich auf kumpelhafte Weise, so, wie es auch viele der Leute getan hatten, die in Phreys Hütte gekommen waren. „Ich hatte fast die Befürchtung, die letzten fünf Jahre hätten dich stärker mitgenommen“, sagte Cadorr.
„Man schlägt sich so durch, auch, wenn die Auftragslage nicht so gut war die letzten Jahre“, erwiderte der Mirialaner, den Cadorr Ezzim nannte. Als er Athi anblickte, spürte sie etwas – so, als wäre die Luft um ihn herum anders als sonst im Raum. „Und wer ist das? Deine Tochter?“
„Ich?“, fragte Athi und lachte. „Nein!“
„Nein, sie ist ein Straßengör, ich hab sie erwischt, als sie mich bestehlen wollte“, antwortete Cadorr. „Ich glaube, sie könnte dich interessieren“, fügte er halblaut hinzu.
Sie gingen in eine stille, unbeobachtete Ecke. Unliebsame Erinnerungen stiegen in Athi hoch. Phrey hatte nicht nur Waren verschoben. Doch dies war anders. Der Mirialaner holte eine Glaskugel aus der Tasche, hielt sie Athi hin und sagte: „Halt mal.“
„Warum?“, fragte sie, von Misstrauen erfüllt. Konnte dieser Mann wirklich ein Jedi sein?
„Weil ich dich testen will.“
Angst schoss ihr vom Kopf in den Körper und hielt sie in eisernem Griff. Durch ihr Hirn tobten Gedanken wie wilde Gundarks. 'Ich habe verlernt, eine Jedi zu sein. Ich werde es nicht schaffen. Darf ich diesem Mann wirklich trauen?' Die Kugel flackerte ein wenig, mehr nicht.
„Kannst du dich noch besser konzentrieren?“, fragte der Mirialaner.
„Nein, ich kann das nicht“, sagte sie. Ihre Hände waren feucht und zitterten. Aber sie konnte es doch. Nach einer Weile begann die Kugel, sanft zu pulsieren. Ezzim schien zufrieden zu sein. Ehe Athi sich versah, verabschiedete sie sich von Cadorr und stieg mit dem Mirialaner in sein Raumschiff.
Es stellte sich heraus, dass sie nicht in ihre ehemalige Enklave flogen.
„Was ist aus Tython geworden? Aus den Leuten?“, fragte Athi.
„Es gab sehr viele Tote. Sehr viele. Es war ein schwarzer Tag.“
„Ich weiß“, sagte Athi leise. Nach einer Weile stellte sich Ezzim ihr richtig vor: Er sei Ritter Voccas Andall, teilte er ihr mit, und er werde mit ihr zu einem kleinen Planeten in den Nördlichen Kolonien fliegen: Teya IV. Er wollte, dass sie ihm ihre Geschichte erzählte, also sprach sie von dem Überfall, vom Absturz der Fähre, der Flucht mit Taki in die Rettungskapsel, vom Schiff des Kopfgeldjägers. „Der hat uns auf Rishi an seinen Kumpel vertickt.“
Als der Ritter fragte, was aus Taki geworden sei, sagte sie ihm beinahe die Wahrheit. Die Machtanwenderin erwähnte sie nicht. 'Die Sith.' Es musste eine Sith gewesen sein. Mit der Hand fasste sie nach dem kleinen Gegenstand, den sie ihr entwendet hatte.
Ritter Andall war an jenem Tag auch auf Tython gewesen. Damals. Er hatte versucht, Jünglinge und Padawane in Sicherheit zu bringen, in die Wälder.
„Habt Ihr es geschafft?“
„Es haben nicht alle überlebt. Es waren zu viele Droiden.“ Auf Teya IV gebe es ein Praxeum, erzählte er, sogar einen Jünglingsclan. Für einen Moment begann Athis Herz, freudig zu klopfen. „Einen Clan? Sauser?“
„Der Clan auf Teya IV heißt Tauntaunclan.“ Auch sie werde ausgebildet und eine Jedi werden, versicherte er ihr. Die Unsicherheit kehrte wieder zurück zu ihr und sie blieb, bis sie das Gelände des Praxeums auf Teya erreichten. „Lasst uns hinein gehen“, sagte Voccas Andall. Athi straffte sich und versuchte, sich nichts von ihrer Unruhe anmerken zu lassen.
Als erstes trafen sie auf zwei dunkelhaarige Frauen. „Ich bin Aliera Eryada, und das ist meine Padawan Morwena Aquae“, stellte die eine vor. Gemeinsam gingen sie weiter ins Gelände hinein. Die Padawan irritierte Athi: Sie trug keinen Zopf. 'Vielleicht ist alles anders, mittlerweile.'
„Was kannst du uns über deine Zeit auf Tython berichten, Athi?“, fragte Aliera Eryada, nachdem Voccas über ihr Zusammentreffen gesprochen hatte.
„Öh, ich war im Sauser-Clan“, plapperte Athi das erste, was ihr durch den Kopf ging. „Aber das wolltet ihr gar nicht wissen, oder?“
„Ach, es gehört genauso dazu“, erwiderte Aliera Eryada schmunzelnd. „Also warst du Anwärterin?“
„Ja, ich war Anwärterin“, antwortete Athi. „Ich war neun, als der Überfall stattfand.“
Als die Meisterin – denn eine solche war sie, da war sich Athi sicher – erfahren hatte, wo Athi in den vergangenen Jahren gewesen war, bekundete sie, dass Rishi kein einfaches Pflaster sei, um zurecht zu kommen.
„Nö“, sagte Athi. „Es war irgendwie bunt. Aber wir haben's geschafft.“ 'Das war das Einzige, worauf es ankam. Dass wir es schaffen.'
Sie fragten nach Taki, und ob er Ordensmitglied gewesen sei. Athi fiel sein Nachname erst ein, als sie eine Weile überlegt hatte, und selbst dann war sie nicht sicher: War er wirklich Arallio gewesen?
Ritter Voccas zog sich zurück, dann kam jemand anderes zu der Gruppe hinzu: Jedi Patangaroa. „Ein neues Gesicht?“, fragte sie. Athi fand, sie
wirkte nett. „Was mache ich denn nun?“, fragte Athi die Leute. Sie konnte sich nicht mehr erinnern, was eine Anwärterin tat. Was sie einmal getan hatte. Alles, was sie erinnerte, waren die Tätigkeiten auf Rishi.
„Lass dir ein Zelt zuweisen, iss etwas, trink etwas und dann sehen wir weiter, wie wir helfen können“, antwortete die Padawan. Morwena Aquae.
„Hunger hätt ich schon“, sagte Athi und sah die Padawan dankbar an.
Gemeinsam gingen sie zu einer Feuerstelle, an der es Verpflegung gab. Hungrig aß Athi einen Teller voll einfachen Essens. Es war deutlich weniger scharf als das, was es auf Rishi gegeben hatte. Während des Essens stellte sich heraus, dass Ritterin Patangaroa Clanlehrerin war; grundlegende Machttechniken und Biologie. Dass die Padawan, Morwena Aquae, auch auf Tython gewesen war, genau wie Athi. Eine andere Jedi kam hinzu, eine Twilek namens Neleena. 'Ritter? Padawan?' Sie hatte keine Ahnung. 'Es ist alles zu viel.' So bald sie konnte, entschuldigte sich Athi und suchte sich einen leeren Lagerplatz.
Auf der Matte lag sie lange wach. Die zu große Hose mit den ausgebeulten Taschen hatte sie abgelegt, aber das, was sie in einer dieser Taschen verborgen hatte, hielt sie in der Hand. Wieder sah sie die Augen der Fremden vor sich, die kalt wie Eis waren.
'Wer seid Ihr?'
Life is like a maze of doors and they all open from the side you're on.
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Runagate« (14. Mai 2017, 09:09)