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Dienstag, 19. April 2016, 06:23

Ich finde diese Art der Darstellung erschreckend eindimensional. Juristisch geht es nicht darum, dass Erdogan satirisch kritisiert wurde, sondern darum, dass er wüst beleidigt wurde. Ist so viel an Differenzierung schon zu viel verlangt? (Ganz abgesehen von der Frage, inwiefern ein gedichtgewordenes "Erdogan f*** Ziegen" überhaupt das Prädikat "Satire" verdient.)

Dass Leute in Schulterschluss gehen, wenn es um Freiheit der Meinungsäußerung geht, ist eine gute Sache. Trotzdem gibt es auch Grenzen der Meinungsfreiheit, die von den meisten anerkannt und mitgetragen werden. Der Schulterschluss würde wohl (zu Recht!) deutlich geringer ausfallen, wenn es um eine "frei geäußerte" Holocaustleugnung oder Hetzerei in Richtung Dunkelbraun ginge. Aber Beleidigungen tief, tief unter der Gürtellinie sind in Ordnung?

Dass juristisch geklärt wird, wo die Grenzen zur Beleidigung sind, ist eine gute Sache.

Dass geklärt wird, ob eine Beleidigung keine ist, wenn ich vorher sage: "Achtung, Folgendes darf man nicht sagen:", ist auch gut.

Dass geklärt wird, ob die alte Unterscheidung zwischen "Beleidigung" und "Beleidigung eines fremden Staatsoberhaupts" noch zeit- und sachgemäß sind, ist ebenfalls eine gute Sache. (Wobei ich mich auch frage, ob Böhmermann diesen "Spaß" auch gebracht hätte, wenn seine eigenen Kinder im Kriegsgebiet säßen.)

Dass Erdogan hierzulande weit souveräner gewirkt hätte, wenn er gar nicht reagiert hätte, ist wohl klar. Ob das für sein Land auch gilt? Das wage ich mal vorsichtig zu bezweifeln.

Dass die Türkei in der europäischen Gemeinschaft nichts zu suchen hat - ebenfalls vollkommen einverstanden. Allerdings frage ich mich angesichts dessen, dass man die Verantwortung mit Berufung auf die hirnrissige Dublin-Regelung bei den Ärmsten in der Gemeinschaft lässt, dass lieber Zäune hochgezogen und auf Flüchtlinge geschossen wird, bevor die am Ende - der Himmel bewahre - auf unsere schöne saubere Wohnzimmercouch wollen, und dass Deutschland sich nun auch noch durch einen (selbstherangehätschelten) Diktator erpressbar macht, weil andere Wege von den europäischen Partnern verweigert werden: Wer hat eigentlich noch was in dieser Gemeinschaft zu suchen?
"In diesem Kurs geht es um Fakten. Wenn ihr an der Wahrheit interessiert seid, Meister Aldes Vorlesung befindet sich am Ende des Ganges." -- Norru Balnam

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Lunah Dane

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2

Dienstag, 19. April 2016, 11:53

Teilweise stimme ich Jesto zu. Nur muss juristisch auch beachtet werden, dass es so eine Art "persönliche Beleidigungssphäre" gibt. Wenn es so etwas nicht geben würde, könnte man bspw auf der Autobahn nicht mehr fahren, ohne dass sich die Fahrer nicht gegenseitig umbringen. Beleidigungen und das Ehrgefühl sind notwehrfähige Rechtsgüter, und im Rahmen der Notwehr ist sehr vieles möglich. Inweit dann eine Einschränkung der Notwehr erfolgen kann oder darf, steht dann auf einem anderen Papier

Deswegen, bis zu einem bestimmten Rahmen muss man Beleidigungen über sich ergehen lassen. Souverän ist es, gar nicht darauf einzugehen. Schutz durch die Gerichte gibt es für die verletzte Befindlichkeit oder Ehre nicht. Außerdem gibt es gerade für Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Einschränkungen bzgl Ehre oder Persönlichkeitsrechten. Erdogan würde ich (wenn auch zweifelhaft) dazu zählen.

In meinen Augen ist es bedenklich, dass wir uns immer mehr der Türkei annähern. Schauen wir doch mal an die europäische Peripherie. Polen beseitigt durch Verfassungsreformen rechtstaatliche Grundsätze, in Ungarn gibt es mittlerweile ein autoritär geführtes Regime, ohne Meinungsfreiheit, ohne Pressefreiheit. Die Europäische Einigung und Friedensprozess haben zu sehr stabilen Verhältnissen geführt. Doch zu einem hohen Preis (was ich aber nicht näher erwähnen möchte). Diese Menschenrechte standen auf einem Blatt Papier. Dieses Papier verliert immer mehr an Bedeutung, weil wir jeden Tag immer weiter davon abweichen. Die streitbare Satire von Jan Böhmermann hat diese Vernichtungsstrategie der Europäischen Werte und Menschenrechte aufgezeigt. Das war absolut erforderlich.

Ein Strafpozess kann Jan Böhmermann gelassen entgegen sehen. Da wird insgesamt nur heiße Luft noch heißer gemacht. Ich rechne sogar mit einer Einstellung des Verfahrens. Und da kann Erdogan, Merkel oder Alukopfbedeckungträger nicht viel gegen machen. Die erzeugte Reaktion aus der Türkei hat letztlich genau das zu Tage gefördert. Wir arbeiten mit einer Diktatur zusammen, nur um Flüchtlinge so weit wie möglich von der EU aufzubewahren. Und das obwohl alle Staaten in der EU Verträge zu Flüchtlingsrechten unterzeichnet hat.

Zu guter Letzt: Die Meinungsfreiheit kann durch allgemeine Gesetze beschränkt werden. Bspw durch das StGB, oder wenn eine Meinung insgesamt verboten ist (zB Holocaust Lügen, Nationalsozialistische Braune Scheiße). Dazu zähen aber auch die Rechte anderer. Insgesamt würde es dann zu einer Abwägung kommen, welche Rechte hier Vorrang haben. Da mit dem Gedicht aber Erdogans Rechte nicht völlig abgesprochen werden, muss er sich insgesamt mit der Meinung von Böhmermann abfinden.
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3

Mittwoch, 20. April 2016, 05:08

Die Sache wächst sich langsam aber sicher zu echter Realsatire aus. Wenn Kanzlerin Erkel sich einfach mal wie üblich zurück genommen und Erdogan den normalen Klageweg freigestellt hätte wäre doch auch niemandem der Blutdruck hoch gekocht.
Der veraltete Paragraph der schon in den 60ern für gesteigertes Theater gesorgt hat als der Schah Deutschland besuchte hebt aber eine bestimmte Klientel über den Normalbürger , was in einer "Demokratie" aber so ein Unding ist.

Klar , dieses Gedicht ist weder eine lyrische Meisterleistung , noch inhaltlich wertvoll oder hat irgend etwas mit Erdogans Politik zu tun. Ich frage mich aber ob bei einem nordkoreanischen Diktator , Putin oder noch zu Lebzeiten Gadaffi oder Hussein die Bundesmutti so reagiert hätte wie im jetzt aktuellen Fall.
Immerhin ist es genau diese Bundesmutti die beleidigende Satire als Meinungsfreiheit verteidigte als es um die Nachlese auf ein zweitklassiges französisches Satireblatt ging.

Letztlich hoffe ich das Böhmermann wegen der Beleidigung eines fremden Staatsoberhaupts keine Konsequenzen zu befürchten hat er aber wegen Beleidigung der Person Erdogan eine Geldbusse entrichten muss wie jeder von uns der einen anderen persönlich öffentlich beleidigt. Alles andere würde meinen Glauben an unseren Rechtsstaat weiter erschüttern.

Deutschland macht sich auch so schon unter Erkel immer mehr international zum Vollhorst.
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4

Mittwoch, 20. April 2016, 06:03

Bundesmutti macht das unter Garantie nicht gerne und hat sich bisher auch nicht so verhalten, das sagst du ja selbst. Leider geht es in diesem Fall um Menschenleben, und auf einen schnellen Sinneswandel des Paschas und vieler seiner Landsleute kann man nicht hoffen, das kriegt keine Verhandlung und keine Satire der Welt fertig. Erdogan und seine Anhänger stecken in völlig anderen Denkmustern und einer anderen Weltsicht und haben eine völlig andere Agenda, als eine freiheitliche Verfassung zu schaffen.

Unterm Strich bleibt der Eindruck übler Doppelmoral, ja. Jedoch: Was würdest du machen - ihn weiter brüskieren und riskieren, dass er in der Flüchtlingsfrage dicht macht, um seine Macht und seine Bedeutung zu demonstrieren?

Wobei ich es wie gesagt empörend finde, dass man die Flüchtlinge überhaupt möglichst dort draußen aufbewahren will, schön weit weg von Wohlstandseuropa. Wäre das nicht so, müsste man auch Erdogan nicht in den Arsch kriechen. Solange aber kein anderer Weg gefunden ist (wofür Bundesmutti sich nun wahrlich eingesetzt hat) und solange die Mehrheiten in den Wohlstandsländern sich nur in einem einig sind: dass sie die Leute jedenfalls nicht bei sich zu Hause haben wollen, müssen sie irgendwo bleiben.
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Dexter (20.04.2016)

5

Mittwoch, 20. April 2016, 09:33

Würde man die Länder der EU Außengrenze mit den zusätzlichen Milliarden die jetzt die Türkei bekommt ausstatten und ihnen mehr Amtshilfe gewähren bräuchte man auch nicht mit Diktatoren wie Erdogan verhandeln.
Außerdem kann ich nur begrenzt Mitleid mit Menschen haben die mit Gewalt und unter Missachtung der Gesetze ihrer zukünftigen Heimatstaaten illegal Grenzübertritte erzwingen wollen . Die ihre Frauen Kinder im Kriegsgebiet zurück lassen um ihre eigenen Hintern in Sicherheit zu bringen statt ihre Heimat zu verteidigen.
Der Flüchtlingsstatus entfällt in dem Augenblick in dem der Kriegsflüchtling ein sicheres Drittlandland betreten hat . Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich nicht mehr um einen Flüchtling sondern um einen Einwanderer.

Natürlich ist es traurig das es Menschen gibt die aus ihrer Armut heraus hoffen in reicheren Ländern ihr Glück zu finden und dabei ihr Leben riskieren , aber Europa kann nicht alle armen Menschen der Welt aufnehmen. Wäre es so würden sich wohl alleine aus China sofort 60 Millionen Wanderarbeiter auf den Weg machen.

Menschen zu helfen ist eine gute Sache aber besser wir helfen einigen richtig als vielen nur halb und auf kosten eigener Bedürftiger.
Das Wohlstandsgefälle innerhalb der EU ist schon so groß genug .
Alleine in Griechenland blutet das Volk unter den Auflagen der EU massiv.

Das ich mich damit unter den Badguys positioniere ist mir bewusst , aber ich vertrete eben die Meinung das ein Land alleine nicht ausziehen kann , die Welt zu retten.
Wenn ich was retten will fang ich bei meinen direkten Nachbarn an , und das sind in diesem Fall , Griechenland , Bulgarien , Italien , Portugal und nicht Afrika und der nahe Osten.

Die Kanzlerin macht sich erpressbar weil sie gegen den Willen der Mehrheit des eigenen Volkes und nahezu aller Mitglieder der Eu ihren Willen durch drücken will.
Das aufgesetzte Gesicht des Gutmenschen der aus Barmherzigkeit gar nicht anders kann nehmen ihr ohnehin von Tag zu Tag weniger Menschgen ab.
Tatsächlich stehen dahinter knallharte Interessen.

Der Fall Böhmermann vs Erdogan geht im Prinzip um nichts anderes als verletzten Stolz und hat inhaltlich keinerlei Gewicht.
Alles sieht drauf , und wer da hin sieht übersieht schnell andere Dinge wie zB das die USA ihre Atomraketen in Deutschland gerade modernisieren , Die Nato Munitionsbunker voll aufgestockt werden , eine weitere US Panzerbrigade nach Osteuropa verlegt wird , das die EU freundliche Kiewer Regierung das Waffenstillstandsabkommen jede Woche erneut verletzt , das Obama zu Besuch nach Deutschland kommt um für Ttip zu werben , das in Paris seit einer Woche der Mob durch die Straßen tobt , das Saudi Arabien versucht den Iran massiv zu provozieren um die neuen Abkommen zu gefährden , das man diskutiert die Bundeswehr im Inneren zu aufrecht Erhaltung der Ordnung bei Unruhen einsetzen zu dürfen , das die Banken immer mehr daran interessiert sind Bargeldverbote und Negativzinsen durch zu drücken, das.................
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6

Mittwoch, 20. April 2016, 09:43

Zitat

aber ich vertrete eben die Meinung das ein Land alleine nicht ausziehen kann , die Welt zu retten.

Das sehe ich genauso. Im Übrigen sind wir einfach sehr unterschiedlicher Meinung.
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Lunah Dane

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7

Mittwoch, 20. April 2016, 09:50

Sehe ich ein wenig anders. Das Gesellschaftssystem und Wirtschaftssystem, dass wir so gerne überall in der Welt installieren möchten, erzeugt Arme und Reiche. Wenn jemand Superreich ist, sind auch sehr sehr viele Superarm. Die so gerne als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichneten Einwanderer haben die Westlichen Demokratien erzeugt, weil sie Ressourcen plündern und dafür wenig Geld an Despoten (die wir auch gerne installiert haben) zahlen. Die heimische Landwirtschaft in den bspw Afrikanischen Staaten durch Billig EU Produkte zerstören. Konzerne unterstützen gerne Rebellgruppen, die dann zuerst wichtige Resourcen unter Kontrolle bringen und dann super günstig Seltene Erden an den Konzern verkaufen.

Alles in allem sind wir für die Flucht der Menschen verantwortlich. Diese Menschen können sich entweder dazu entschließen, in ihrem Heimatland langsam zu sterben, von ihrer Junta Regierung umgebracht zu werden oder eben zu fliehen. Da wir aber lieber die von uns ausgelösten Probleme lieber verdrängen (möglichst weit weg, und nicht in unserer Nähe), schließen wir lieber Abkommen mit Schurkenstaaten, als uns zu überlegen, wie wir die momentanen gesellschaftlichen Verhältnisse verändern müßten, um die Probleme wirklich zu lösen. Diese Probleme traten bspw in der Bankenkrise 2008 zu tage, wir haben diese Krise nicht überstanden, nur viel Geld in die Märkte gespült. Andere Lösungen wurden nicht diskutiert oder auch nur umgesetzt. Dadurch konservierten wir die Krise, bis sie eben in den nächsten Monaten wieder hervorbricht. Mit mehr Macht, mit hoffentlich genug Kraft, diese ungerechten Gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern.
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Tunlay (23.04.2016)

8

Mittwoch, 20. April 2016, 10:03

Nur kurz, da ich mich in die politische DIskussion eigentlich nicht einmischen möchte.

Zitat von »Lunah«

Sehe ich ein wenig anders. Das Gesellschaftssystem und Wirtschaftssystem, dass wir so gerne überall in der Welt installieren möchten, erzeugt Arme und Reiche. Wenn jemand Superreich ist, sind auch sehr sehr viele Superarm

Das ist so nicht korrekt, es ist ein Trugschluss, dass nur weil viele Leute reich sind, viele arm sein müssen. In diesem Zusammenhang sei dieses Video empfohlen.

Andenus Dexter| Story: Der Preis der Pflicht

"Wenn Wissen und Gelassenheit sich gegenseitig ergänzen, entstehen Harmonie und Ordnung"
- Zhuangzi

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Harlen Gregorius (20.04.2016)

Lunah Dane

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9

Mittwoch, 20. April 2016, 10:51

Ja, Rosling spricht immer von Statistiken und totalen Zahlen. Nur leider sind Statistiken und Zahlen meistens nicht in der Lage die soziale Wirklichkeit richtig darzustellen. Aus diesem Grund gibt es auch die qualitative Forschung, in der versucht wird, durch Interviews soziale Wirklichkeit zu rekonstruieren. Angenommen, ich würde eine Statistik mit dem Einkommensdurchschnitt erstellen, bei zwei Einwohnern. Einer verdient 0 € und der andere 10.000.000 €. Dadurch ergäbe sich ein Durchschnittseinkommen von 5.000.000 €. Deswegen, Argumentationen nur anhand von statistischen Daten sind leicht beeinflussbar. Es gäbe zwar in der statistischen Auswertung noch interessantere Werte, die sind aber so schwierig zu erklären und würden zu komplett anderen Ergebnissen führen, so dass man bspw Standardabweichung, Quartielsberechnungen gar nicht erwähnt.

Durch qualitative Forschung haben wir in der Sozialforschung so spannende Erkenntnisse erworben, wie bspw. die Habitustheorie von Bourdieu. Zugespitzt kann man diese Theorie zusammen fassen, dass bestehende Upper Class Twits sich in Bildung und auch Arbeitschancen reproduzieren. Wenn ich dann die Verteilung von Wohnungen, Miepreisspiegel hinzunehme, könnte man die noch zu beweisende Theorie aufstellen, dass sich die sozialen Kasten genauso reproduzieren und auch unter sich bleibt, also dass es keine wirklichen sozialen Sprünge gibt.

Genauso verhält es sich bei bspw den afrikanischen Staaten. Dies bedeutet, dass diese unter sich bleiben (sollen). Wenn wir bspw die soziale Realität eines Flüchtlings in seinem Herkunftsland betrachten, sind diese garantiert nicht rosig. Auch nicht die Aussicht auf Besserung, in Gegenwart und Zukunft genau so wenig. Deswegen stehen sie ja auch an Europas Grenzen und wollen unbedingt in den Hort von Stabilität, Aufstieg und Hoffnung.

Leider ist es nicht so, dass wir in den vergangenen Jahren eine gerechte Einkommensentwicklung haben. Ziehe ich bspw das Durchschnittseinkommen heran, komme ich zu einem verkehrten Ergebnis, weil die Ausreißer die weniger gut bezahlten Menschen überdecken. Selbst nach dem Mindestlohn hat sich das nicht grundsätzlich verbessert, wel die juristischen Ausnahmen gut genutzt werden, um den Mindestlohn weitgehend zu umgehen. Deutsche Politiker würden jetzt erzählen, dass das eine Erfolgsgeschichte ist; nur leider mit Konsequenz aus der Krise 2008. Vorher war es möglich, Arbeiter zu Löhnen von weit unter 3 oder 4 € zu beschäftigen und ruchlose Menschen machten damit Profit, dass sie diese Menschen mißbrauchten. Selbst kassierten sie 8-15 € die Stunde. Und, dieser Mißbrauch war in einem so sozial organisierten Land wie Deutschland möglich. Andere Länder sind da nicht so geschützt. Da gab es wesentlich mehr Arbeitssklaven, als wir zur Zeit wissen.

Wenn ich nun sehe, wie die Zahl der Superreichen abnimmt, aber gleichzeitig das gesamte Vermögen dieser Superreichen in der gleichen Zeitperiode zu nimmt, dann würde jedenfalls ich dazu kommen, dass die wirtschaftlichen Bedingungen so nicht mehr funktionsfähig sind. Deswegen würde ich Herrn Rosling auch nicht in seiner Meinung zustimmen, dass sich die Einkommensverteilung in den letzten 50 Jahren verbessert hat. Ich glaube vielmehr, dass sich die Einkommensverteilung in den letzten 10 Jahren verschlechtert hat.

Dazu würde ich Dir empfehlen, Interviews von Bauern aus der Subsahara Gegend anzuschauen. Oder die Situation von Menschen im Bereich Sahara und deren Ausbeutung durch Nestle (unter der Sahara befindet sich ein gigantisches Wasserreservoir, dass nur von Nestle abgebaut werden darf).
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Tunlay (23.04.2016)

10

Mittwoch, 20. April 2016, 11:38

Da stimme ich Lunah weites gehend zu. Das Wirtschaftssystem als solches steht hier auf dem Prüfstand und ist bereits mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Hier wird mangels erprobter Alternativen ein toter Gaul geritten.

Alternativen gibt es genug , das geht los bei Goldgedeckter Währung bis hin zur Abschaffung von Zinsen , Bodenreformen usw. , das Problem ist : um sowas umzusetzen müssten ALLE mit ziehen. Mit alle meine ich nicht nur die G7/8/20 sondern wirklich alle , denn sonst endet es in Chaos und Krieg. Eine zerstörte Welt würde dann aber zumindest schnell wieder das alte System annehmen , denn jeder weiß zwar das es falsch ist aber für die nächsten 50-60 Jahre Aufschwung garantiert.

Vergessen wir mal nicht wie die Menschen kulturübergreifend ticken wenn es um Lotto geht. Jeder weiß das die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen gegen null geht , der eigene finanzielle Verlust in der Regel die Gewinne übersteigt aber es spielen jede Woche überall auf der Welt Millionen mit.

Solange das Wirtschaftssystem so läuft wie es läuft wird es auf der Welt den Beruf des Despoten geben und als Folgebegleitung Krieg , Hunger , Elend , Flüchtlinge.
Das wird vermutlich jeden von uns gleichermaßen ankotzen , aber es ist so wie es ist und es bringt hässliche Bilder mit sich die einem Abends echt das Käsebrötchen mies machen können .

Ich stehe aber dazu das ich lieber zu denen gehöre die ihr Käsebrötchen haben , als zu denen die von Käsebrötchen nur träumen können.
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Lunah Dane

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11

Mittwoch, 20. April 2016, 12:44

Gab es schonmal. Wird New Deal genannt und ist eine Reform der USA nach der Wirtschaftskrise in den 30er Jahren. Es wurde beim New Deal jeder zur Kasse gebeten. Die, die wenig hatten mussten was beisteuern und auch all jene, die sehr viel hatten, mussten etwas mehr abgeben.

Gleiche Chance gab es zur französischen Revolution. Diese Chance wurde aber vertan, als die Steuerdaten nicht verbrannt sondern bewahrt wurde. Die Informationen über Steuerlast, Steuern und Schulden durften nicht verloren gehen, weil die neue wirtschaftliche Oberschicht die Unterschicht immer noch als günstige Arbeitskraft brauchte. Eine Vernichtung hätte diese "etwas" befreit und das wollten die Großhändler, Großgrundbesitzer, Industriellen und auch die Adligen nicht. Deswegen hat die französische Revolution letzlich nur die Herrscher ausgetauscht. Die Beherrschten waren immer noch dieselben.

Edit: Das Problem an weltweiten Veränderugen ist, dass dieses System von Leuten verteidigt wird, die eigentlich mit zu den Verlierern der Gesellschaft gehören. Gewinner sind nicht viele, Verlierer sind fast alle. Aber trotzdem denken sehr viele, dass sie irgendwann zu den Großverdienern und Gewinnern gehören. Und deswegen ändert sich nirgends etwas. Wobei, ich kenne kaum jemanden, der bei einem weltweiten "Umsturz" etwas verlieren würde.
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Lunah Dane« (20. April 2016, 12:51)


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12

Mittwoch, 20. April 2016, 14:19

Zitat

Edit: Das Problem an weltweiten Veränderugen ist, dass dieses System von Leuten verteidigt wird, die eigentlich mit zu den Verlierern der Gesellschaft gehören. Gewinner sind nicht viele, Verlierer sind fast alle. Aber trotzdem denken sehr viele, dass sie irgendwann zu den Großverdienern und Gewinnern gehören. Und deswegen ändert sich nirgends etwas.


Das meinte ich in Bezug auf den multinationalen Lottospieler :D
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13

Mittwoch, 20. April 2016, 19:09

Politik-Diskussionen

Dieser Thread ist dazu da, um Politik-Diskussionen ihre eigene Plattform zu bieten.
"Huurrugh!" - anonymer Tusken
Skyran Vandorack

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14

Mittwoch, 20. April 2016, 20:20

Versuche mal etwas aufzuholen.

Zuerst finde ich, ungeachtet des infantilen Inhaltes, das Böhmermanns Gedicht, wenn man es im Zusammenhang des Kontexstes sieht, in den er es eingebettet hat, gute Satire ist, die etwas aufzeigt.
Was Befindlichkeiten angeht, finde ich das Beleidigt sein, eines der größten Probleme unserer Zeit ist. Ich halte es da mit Christopher Hitchens "If someone tells me that I've hurt their feelings, I say, "Well I'm still waiting to hear what your point is. In this und country, I've been told " That's offensive!" as If those two words constitute an argument or a comment. Not to me they don't."
Beleidigt sein ist oft der Versuch einer Person eine Argumentation zu "gewinnen", die keine Argumente hat.
Das unsere Bundesregierung unsere Meinungs-, Presse- u. Satirefreiheit für einen krankhaft religiösen Despoten mit Minderwertigkeitskomplexen auf dem Silbertablett serviert ist ein Skandal und ein Stich in die Flanke aller Menschen, denen ihre Freiheit noch etwas wert ist.

Und was die Debatte um Arm und Reich angeht, finde ich es immer erschteckend welche Ideen den Leuten einfallen. In Deutschland herrscht diese unappetitliche Neidkultur, die sich in linken Parolen ausdrückt, die nichts mit der Realität und der wirtschaftlichen Situation der Welt Zutun haben.

Würde das gerne weiter ausführen und werde das nach Möglichkeit auch tun, wenn ich wieder zu Hause bin. Erstmal also die zeitbegrenzte Kurzform. :D

Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von »Harlen Gregorius« (20. April 2016, 20:40)


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15

Mittwoch, 20. April 2016, 21:18

Zitat von »Harlen«

Beleidigt sein ist oft der Versuch einer Person eine Argumentation zu "gewinnen", die keine Argumente hat.
Naja. Da kann ich ebensogut sagen: Beleidigen ist oft der Versuch, eine Argumentation ohne Argumente zu gewinnen. Zieht beides gleich gut oder schlecht.

Ich bin sicher nicht dafür, wegen jedem Rattenschiss Zeter und Mordio zu schreien. Aber dass man grundsätzlich die Möglichkeit hat, sich gegen grobe Beleidigungen (Angriffe auf die grundgesetzlich geschützte Würde) zur Wehr zu setzen, finde ich richtig. Die hier war ja wohl mehr als grob.

Und wenn man es mal konsequent weiterspinnt: Was willst du denn noch alles in Namen des Rechts auf freie Meinungsäußerung an Straftatbeständen kippen? Alles, was "nur gesagt" wird und negative Befindlichkeiten auf der anderen Seite auslöst? Dann fällt so einiges. Längst nicht alles, was jemand sagt, ist Meinungsäußerung, die unter dem Schutz der Meinungsfreiheit steht. Sprache kann Handeln sein (die Sprachpragmatik untersucht sowas). Du kannst via Sprache Aktionen ausüben, wie Danken, Versprechen, Schwören, Drohen, Erpressen, Nötigen, oder auch verbales Mobbing. Einige davon sind strafbar, so wie physische Handlungen. Die Tage, in denen man einem Gericht noch erzählen konnte, die Aussage "Wenn du nicht spurst, mach ich dich nen Kopf kürzer" wäre eine gutgemeinte Info, sind vorbei. Ich seh das wie Nadila: Für die Beleidigung gehört Böhmermann eine Geldbuße aufgebrummt. Nicht, weil es Erdogan traf, sondern weil eine Person in unflätiger Weise beleidigt wurde. Die Klage steht ihm zu. (Und keiner soll sagen, dass Erdogan aber viel schlimmere Dinge getan hat und tut. Das ist zweifellos so, aber kein Grund, unser eigenes Rechtssystem umzuwerfen.)

Das hier:

Zitat von »Harlen«

Und was die Debatte um Arm und Reich angeht, finde ich es immer erschteckend welche Ideen den Leuten einfallen. In Deutschland herrscht diese unappetitliche Neidkultur, die sich in linken Parolen ausdrückt, die nichts mit der Realität und der wirtschaftlichen Situation der Welt Zutun haben.

verstehe ich nicht. Wäre tatsächlich nett, wenn du es erklären könntest.
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Nadila (21.04.2016)

16

Mittwoch, 20. April 2016, 23:52

Zuerst ein Wort der Warnung. Ich gestehe, dass wenn es um persönliche Freiheit und ganz besonders die Meinungs- u. Satirefreiheit geht, vertrete ich bewusst und aus tiefster Überzeugung eine sehr radikale Ausrichtung.

Und ja ich bin der Meinung, dass es keinerlei Einschränkung der freien Meinungsäußerung geben darf. Drohungen und Erpressungsversuche sind eine etwas anders gelagerte Sache, da sie in meinen Augen keine Meinung darstellen. Nicht jede Äußerung ist eine Meinung und Gewalt ist erst recht keine.

Der Punkt: Sprache als Handlung ist in meinen Augen ein sehr gefährliches Argument, dass kann ich nicht komplett stehen lassen. Wenn wir anfangen Leute für einen ausgesprochenen Gedanken zu verurteilen, sind wir einen Schritt näher am Gedankenverbrechen.

Über Jahrhunderte musste das Recht der freien Äußerung hinten anstehen. Sei es nun für Religion, das Placebo der abergläubischen Massen oder die persönlichen Befindlichkeiten von Königen und Priestern.
Damit muss Schluss sein. Und deshalb bin ich der Meinung, dass man den Straftatbestand der Beleidigung abschaffen muss, das ist einer Spezies, die sich der Aufklärung rühmt nicht würdig.

Besonders, wenn diese Gesetze von Leuten genutzt werden, Künstler und Journalisten einzuschüchtern. Erbeten von einem Mann, der sich immer beleidigt fühlt, aber regelmäßig andere Politiker und die gesamte Gruppe der Journalisten diffamiert und zu Gewalt gegen eine Bevölkerungsgruppe aufruft. Warum ist Heuchelei kein Tatbestand?
Bekommt er dafür Probleme mit dem Gesetzt? Nein.
Bekommt Jan Böhmermann Probleme mit dem Gesetzt? Möglich.
Warum lassen wir das zu, wo liegen unsere Prioritäten?

Wir geben auf, was das Wertvollste in unserer Verfassung ist, und zwar ohne einen Kampf aber dafür mit einem Wort der Verteidigung und des Verständnisses für die Regierung, die uns in den Rücken gefallen ist.
Dafür sollten wir uns alle schämen. Ich für meinen Teil tue es.


Es muss das Recht der freien Äußerung uneingeschränkt gelten, denn wenn man anfängt, ein Recht zu beschränken und einzuengen, ist es kein Recht mehr, sondern ein temporär gewährtes Privileg, dass nach Willen gewährt, verwehrt und geändert werden kann.
Eine Beleidigung ist kein festes Konstrukt, weswegen es immer eine Definitionssache ist. Aber wem will man die Deutungshoheit überlassen? Den ewig und von allem Beleidigten? Den Religiösen? Den Social Justice Warriors? Das haben wir über Jahrhunderte gemacht und es bedeutete immer nur einen Rückschritt in Sachen Gesellschaft, Weiterentwicklung und Wissenschaft.

Wen wählen wir als den großen Zensor? Kennt ihr Jemanden, dem ihr diesen Job geben würdet? Würdet ihr Jemandem die Kontrolle übertragen zu entscheiden, was ihr lest und hört? Wenn die Antwort "Nein" ist, wieso sollte man es dann einem Gesetz erlauben?

Hierzu möchte ich ein kleines Zitat anbringen, und diesen Gedanken auf die Frage zu übertragen, was passiert, wenn wir Anfangen Rechte und Freiheiten für einen Zweck aufzugeben:

Zitat



William Roper: So, now you give the Devil the benefit of law!
Sir Thomas More: Yes! What would you do? Cut a great road through the law to get after the Devil?
William Roper: Yes, I'd cut down every law in England to do that!
Sir Thomas More: Oh? And when the last law was down, and the Devil turned 'round on you, where would you hide, Roper, the laws all being flat? This country is planted thick with laws, from coast to coast, Man's laws, not God's! And if you cut them down, and you're just the man to do it, do you really think you could stand upright in the winds that would blow then? Yes, I'd give the Devil benefit of law, for my own safety's sake!


Einschränkung eines Freiheitsrechtes könnte sehr wohl eines Tages zur Einschränkung aller/deiner Freiheitsrechte führen. Wie schützt Du dich dann?

Es kann nicht sein, dass die Phrase " Das ist beleidigend!" als Blankocheck genutzt werden kann um kritische Gedanken mundtot zu machen und Diskussionen zu beenden.

Viel mehr muss man die Gesellschaft ermutigen, sich charakterlich weiter zu entwickeln und sich ein dickeres Fell anzueignen. Wer von der Meinung eines Anderen so verletzt werden kann, sollte eher an sich selbst arbeiten, als versuchen dem Anderen seine charakterliche Stärke, nämlich offen und zur Not auch in aller Härte des gesprochenen Wortes für seine Sache einzustehen, absprechen zu wollen.
Die Dummheit der Leute, die krankhafte Moral der Religion und die Unterdrückung der Freiheiten sind Dinge, bei denen ich auch sagen könnte " Ich fühle mich beleidigt", aber ein denkender rationaler Mensch muss das ertragen. Politiker und Personen des öffentlichen Lebens noch mehr als jede Privatperson.


Ich bin von dieser Ansicht fest überzeugt und nehme mir das Recht heraus diese Freiheit auszuüben. Dafür gestehe ich es aber auch jedem anderen zu, ich lade jeden dazu ein, mir seine brutale und völlig offene Meinung und Kritik vor den Latz zu knallen. Die offene Diskussion und noch mehr der Streit sind die höchste Form des gedanklichen Austausches. Nur so wachsen wir.
Jemand der sich hinter Phrasen versteckt, weil er sich von einer Aussage beleidigt fühlt, sagt damit in meinen Augen mehr über seine charakterlichen Unzulänglichkeiten und geringes Selbstwertgefühl, als über die Person die offen spricht.

Meine eigene Meinung ist mir genug, ich brauche nicht den trügerischen und Flaschen Schutz von Massenkonsens, daher kann ich mit anderen Meinungen leben. Ich brauche keinen Zustimmenden und ich nehme mir das Recht, meine Meinung zu jeder Zeit, an jedem Ort und gegen jeden zu verteidigen, der anderer Meinung ist. Daher kann ich damit Leben, wenn man mir widerspricht, mich anschreit oder mich hasst und verachtet, ohne mich gleich angegriffen zu fühlen.
Und das ist auch ein Anspruch, den ich an mich selbst stelle. Ich brauche und will diesen " Schutz" nicht und ich würde jeden ermutigen sich ebenfalls dazu zu zwingen.

Der Tag, an dem ich gemerkt habe, dass mein Seelenheil nicht von der Zustimmung der Menschen um mich herum abhängt und das mir ihre Meinung, wenn ich sie für falsch halte, völlig egal sein kann, war der befreiendste Moment meines Lebens und eine geniale mentale Erfahrung ...oder Neudeutsch ein Braingasm.

Zitat

“(Mockery of religion is one of the most essential things)…one of the beginnings of the human emancipation is the ability to laugh at authority, its indispensable”


Um noch mal Hitchens zu zitieren, der für mich in diesen Fragen einfach ein leuchtendes Feuer der Inspiration und Genialität ist. Und für Religion kann man ebenso Gesetze einsetzen, die Freiheit einschränken.
Erst recht, wenn dieses Gesetzt verhindern soll, dass ein Tyrann mit Hohn, Spott, Verachtung und Beleidigung überzogen wird.

Ich schließe mit einem Satz, der mir sehr aus dem Herzen spricht.

Zitat


"It’s not just the right of the person who speaks to be heard, it is the right of everyone in the audience to listen, and to hear. And every time you silence someone you make yourself a prisoner of your own action because you deny yourself the right to hear something."


Als kleiner Anhang nochmal eine meine Wutschrift, die ich am Tage der Böhmermann Entscheidung der Kanzlerin an das Bundeskanzleramt geschickt habe:

 Spoiler



Die Ausführung zu Punkt Zwei folgt morgen früh.

Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von »Harlen Gregorius« (21. April 2016, 00:25)


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17

Donnerstag, 21. April 2016, 05:36

Hm. Du denkst also, dass die Tatbestände "Nötigung", "Drohung" etc. weiterhin Aktionen sind, also als Tat-Bestände gelten dürfen. "Beleidigung" aber nicht. Auf welcher Grundlage? Dazu sagst du:

Zitat von »Harlen«

Eine Beleidigung ist kein festes Konstrukt, weswegen es immer eine Definitionssache ist. Aber wem will man die Deutungshoheit überlassen?

Das gilt für andere sprachliche Aktionen (Drohung etc.) genauso. Warum soll "Beleidigung" eine Ausnahme machen bzw. warum siehst du hier ein Problem und bei den anderen nicht?
Tatsächlich gab es eine Zeit, in der Gerichte linguistische Sachverständige hinzuzogen, wenn es um Drohung, Erpressung usw. ging. Inzwischen ist man da selbstbewusster, hat auch einen Haufen Präzedenzfälle im Ärmel, so dass das nur noch selten (gar nicht mehr?) vorkommt.
Und der "große Zensor", den du heraufbeschwörst: Das sind im Ernstfall immer noch eben diese unsere Gerichte, die sich gegenseitig regulieren und auch hinterfragen lassen müssen und gegen deren Urteile es Rechtsmittel gibt, und keine diktatorische Einzelperson. Funktioniert meiner Meinung nach im Großen und Ganzen ziemlich gut.

Zitat von »Harlen«

Es kann nicht sein, dass die Phrase " Das ist beleidigend!" als Blankocheck genutzt werden kann um kritische Gedanken mundtot zu machen und Diskussionen zu beenden.

Wo beobachtest du das? In irgendwelchen Online-Foren, wo bekanntlich gern mal gepöbelt wird und wo - je nach Forum - mehr oder weniger Leute unterwegs sind, die nicht gut argumentieren können/wollen und sich ins Beleidigen und Beleidigtsein retten? Das mag dir und auch mir nicht gefallen, aber "sein können" tut es zweifellos und darf es auch, solange es nicht die Grenzen des Strafbaren oder den Willen des Forenbetreibers überschreitet. Für mich läuft das unter "geht mir gewaltig auf den Keks", nicht unter "gefährdet die Meinungsfreiheit". Eher fände ich diese gefährdet, wenn jemand nicht mehr jammern dürfte, dass man ihm sein Förmchen geklaut hat.

Ich finde auch, dass im täglichen Leben oft übertrieben auf Empfindlichkeiten herumgeritten wird. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch viele andere Fälle gibt, in denen ein Schutz des Gekränkten sinnvoll und notwendig ist. Es ist nicht sinnvoll, alles auf einmal über Bord zu werfen. Wie schon gesagt, du machst sonst auch sowas wie Mobbing und üble Nachrede salonfähig. Du willst Rechte schützen, da bin ich völlig bei dir. Jedoch müssen Rechte gegeneinander abgewogen werden. Was ist mit den Rechten von Gemobbten oder durch üble Nachrede oder Verleumdung Ruinierten?

Vor Gericht geht sowas wie "Ich fühle mich durch diese Meinungsäußerung persönlich beleidigt" nicht durch, wenn es tatsächlich eine Meinungsäußerung war. So viel Vertrauen habe ich tatsächlich noch in die Gerichtsbarkeit.

Zitat von »Harlen«

ich lade jeden dazu ein, mir seine brutale und völlig offene Meinung und Kritik vor den Latz zu knallen.

Ich auch. Ob ich mich dann auf den Brutalitätspegel einlasse, ist ja nochmal eine andere Frage, aber solange es um Meinungen geht, seh ich das genauso wie du. Jedoch nochmal: Was Böhmermann rausgehauen hat, war in meinen Augen keine "Meinungsäußerung". Auch dadurch, dass man das Etikett "Satire" draufpeppt, wird es keine. Und betrachte mich nicht als Gegner von Satire. Ich bewundere Swift für sein "Modest Proposal", die krasseste und brutalste Satire, die ich kenne. Aber da kann ich auch tatsächlich eine Aussage und ein Anprangern von Missständen erkennen. Bei Böhmermanns Gedichtchen nicht.

Zitat von »Harlen«

Warum ist Heuchelei kein Tatbestand?

Du meinst, kein strafbarer Tatbestand? Weil sie niemanden verletzt oder bedroht.

Dass Könige, Klerus usw. keine Sonderrechte besitzen sollten, darin gehe ich völlig konform mit dir. Erdogan sollte keinen besonderen Schutz vor Beleidigung qua "fremdes Staatsoberhaupt" genießen, und auch unser eigener Präsident sollte m. M. n. keinen Sonderstatus haben (was bisher noch so ist).
Aber es sollte auch keinen Negativ-Sonderstatus geben. Dass Erdogan für seine Klage grünes Licht bekam, geschah auf der Grundlage "Gleiches Recht für alle". Nicht "Mehr Rechte für einen Tyrannen, den wir gerade brauchen".

Zitat von »Harlen«

Erst recht, wenn dieses Gesetzt verhindern soll, dass ein Tyrann mit Hohn, Spott, Verachtung und Beleidigung überzogen wird.

Soll es nicht. Es soll verhindern, dass überhaupt jemand mit Hohn, Spott, Verachtung und Beleidigung überzogen wird. Wir sollten nicht wegen eines Tyrannen unsere Gesetzgebung ändern, weil sie "Tyrannenbeleidigung" nicht deckt. Satire hat jede Menge andere Möglichkeiten, im Rahmen des Rechtsstaats zu agieren. Sie ist nicht auf plumpe Beleidigungen unter der Gürtellinie angewiesen. Wer sowas trotzdem bringen will -> Konsequenzen tragen.

Für Böhmermann schließlich ist es nur von Vorteil, wenn die Sache vor Gericht kommt, wo sie ruhig, sachlich und rechtsverbindlich geklärt werden kann. Ich bin ziemlich sicher, dass er auch genau das beabsichtigt hat und einen Präzedenzfall schaffen wollte. Andernfalls wäre er einfach nur dumm, und das will ich ihm nicht unterstellen.


Zitat von »Harlen«

es kommt für mich immer einer persönlichen Niederlage gleich, wenn man Personen bestimmter politischer Gesinnungen, dazugehören Rechte, Linke und Grüne, zustimmen muss.

Auch wenn das nicht wirklich zum Inhaltlichen beiträgt: Heißt das, du lehnst am liebsten alles ab, was ein Rechter, Linker, Grüner (wer eigentlich nicht?) sagt, egal worum es geht und was genau derjenige dazu sagt? Gehst du davon aus, dass jemand mit einem Parteibuch, ein Wähler irgendeiner Partei oder Anhänger einer beliebigen Himmelsrichtung in der politischen Landschaft in der Regel in keinem Punkt mit dir gleicher Meinung sein kann/sollte? Irgendwie fürchte ich, ich verstehe dich schon wieder nicht.

Das Folgende von Nadila bezieht sich übrigens noch auf dein Posting, Harlen, nicht auf meins. Ich habe dazwischengepostet :)
"In diesem Kurs geht es um Fakten. Wenn ihr an der Wahrheit interessiert seid, Meister Aldes Vorlesung befindet sich am Ende des Ganges." -- Norru Balnam

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18

Donnerstag, 21. April 2016, 05:44

Ich bin wie du der Meinung das man durchaus alles sagen sollen dürfte was man denkt. Man muß dann aber auch gewillt sein die Konsequenz seines Handelns auf sich zu nehmen.
Persönliche Beleidigung ist ein persönlicher Angriff , da ist es egal ob ich sage :

XY ist ein Ziegfenfic...
Ich denke XY ist ein Ziegenfic...
Wäre es verboten zu sagen das XY ein Ziegenfic....ist ?

Im Spiel hatten wir die kleine blauhaarige Schrauberin die bei der Konfrontation mit Tano sagte : Es ist keine Beleidigung wenn es wahr ist.
Dem pflichte ich bei , aber ich fürchte das Böhmermann hier keine Beweise dafür vorlegen kann das Erdogan eine exotische Vorliebe für landwirtschaftliches Nutzvieh hat.
Und genau das ist eben das Problem bei einer derartig geführten persönlichen Attacke.

Würde ein Komiker im Rahmen von Satire mir derartige erotischen Vorlieben unterstellen , würde ich ihn nicht verklagen sondern eine ballern das es sich gewaschen hat und damit argumentieren das mein Arzt mir empfohlen hat mich mehr zu bewegen und ich nicht alles in mich reinfressen soll.
Hier setzt sich dann eine Spirale in Gang die das Zusammenleben einer Gesellschaft nicht unerheblich erschwert , weswegen die Klage wegen persönlicher Beleidigung durchaus möglich sein muß.

Ich gebe dir allerdings in so weit Recht das diese Möglichkeit bis zum erbrechen ausgenutzt wird , und unsere Gerichte wirklich wichtigeres zutun hätten als sich jeden Tag mit hunderten von "der hat gesagt das ich doof bin" Klagen zu beschäftigen.

Es ist übrigens falsch wenn man sagt das in Deutschland das Recht auf freie Meinungsäußerung gilt. Das bekannteste Beispiel ist da unter anderem die Leugnung des Holocaust für die man ebenfalls einfahren kann.
Ich bin völlig bei dir wenn es darum geht keine Sprechverbote oder irgend eine Art von Zensur in unserer Gesellschaft zuzulassen , aber es sollte dazu bestimmte Grundregeln des Anstands geben um sich konstruktiv und auch gerne humoristisch auseinander zu setzen.

Das ich mal Erdogan zumindest in Teilen verteidige hätte ich mir auch nie vorstellen können. Das ist echte Satire. :)
42.

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Jestocost (21.04.2016)

19

Donnerstag, 21. April 2016, 08:05

Also streng genommen hat Böhmermann gesagt:
Es ist nicht verboten sich über ERdogan lustig zu machen verboten wäre dagegen eine Schmähkritik wie folgenden: ERdogan fickt Ziegen.
Kria
Der Jesto Facepalm, damit du weißt wann du die Macht erschütterst.

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20

Donnerstag, 21. April 2016, 08:09

Das ist uns schon klar. Bist du der Meinung, grundsätzlich sollten alle Beleidigungen erlaubt sein, wenn man so ein Sätzlein vorausschickt?
"In diesem Kurs geht es um Fakten. Wenn ihr an der Wahrheit interessiert seid, Meister Aldes Vorlesung befindet sich am Ende des Ganges." -- Norru Balnam

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