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Getaute Schneeflocken perlen über die beheizten Gläser der Schneemaske und bilden auf dem isolierenden Stoff der Sturmhaube aus Polychloropren eine wachsende Eisschicht. Kleine Eiszapfen an den Rändern machen die Schneemaske schwerer, schwerer als sie ohnehin schon ist.
Wie bei einem Kampfpilot im All, der nicht nur eine Sonnenbrille trägt, besteht die Schneemaske nicht nur aus einer verspiegelten Schneebrille, deren getönte Gläser die Augen vor dem blendenden Leuchten der Schneelandschaft schützen, sondern auch aus einer dick isolierte Atemmaske, welche ein Schlauch mit einem Tornister auf dem Rücken verbindet, der mit Hilfe von Brennstoffzellen die Atemluft auf ekelhaft trockene Art vorwärmt. Die Nasen brennt bei der Trockenheit, Lippen und Mund trocknen nach wenigen Atemzügen aus, sodass man dauernd schmatzen muss um den Rachen nicht wie Sandpapier zu fühlen und das Kratzen nicht bis zur Kehle wandern zu lassen. Man bekommt Durst während man von Unmengen an Schnee umgeben ist.
Lagen aus synthetischen Spezialstoffen, welcher sich eng und kneifend so dicht an die Haut presst, dass einem fast Arme und Beine absterben, und klassischen, weil am wirkungsvollsten, Pelz umhüllen noch zusätzlich den menschlichen Körper, welcher in dieser Eishölle namens Hoth nur zu verletzlich ist. Handschuh aus dicker Wolle, mit Polychloropren überzogen und isoliert, machen die Finger so dick und unbeweglich, dass jegliches Arbeiten damit nahezu unmöglich wird und dem Arbeiten mit älteren Raumanzügen gleicht. Darüber noch Fäustlinge, welche einen nur noch mit Mühe die Griffe des Speeders bedienen lässt. Ohne spezielle Ausrüstung würde hier kaum ein Wesen überleben.
Es ist sehr früh am Morgen, denn die Nacht wäre für jeden der sichere Tod, und eine einzelne Person zieht seit Stunden über die eisigen Weiten durch den Schneefall, der so dicht ist, dass man kaum einen Horizont ausmachen kann. Ohnehin wirkt es auf dieser Welt jederzeit wie kurz vor einem Whiteout, wenn alles um einen herum nur noch im selben Weiß erscheint und man nichts anderes mehr sieht, keinen einzelnen Punkt, keine einzelne Schneeflocke, nur weiß.
Unvorstellbar für jemanden, der es noch nicht selbst erlebte und ungern erinnert, für jemanden, der es sah. Vollkommener Verlust der Orientierung, selbst die Frage nach dem Oben und Unten fällt da schwer zu beantworten.
Auch ohne Whiteout ist es schon schwer genug auf Hoth zu navigieren. Wandernde Schneewehen, Gletscher, deren Oberfläche so unstet ist und jeden Tag an anderen Orten tödliche Spalten aufzeigen, oder diese gar verbergen, was sie umso gefährlicher sein lässt, machen die Orientierung schwer. Es gibt auf dieser Welt kein GPS, keine Navigationssatelliten. Einzig rund um einige Basen und entlang mehr oder weniger sicherer Routen befinden sich Funkbojen, welche einem Aufschluss über die eigene Position geben können. Funkbojen, die auch gern einmal von Feinden versetzt werden um weniger erfahrene Patrouillen vom Weg abzubringen.
Die zuverlässigsten Fixpunkte sind teils plötzlich aus dem Schneetreiben auftauchende riesige Metallkolosse, Überreste gigantischer Schlachtschiffe, deren wahre Größe man erst erfassen kann, wenn sie nicht mehr im Raum schweben sondern direkt vor einem liegen. Zeugen einer oder auch mehrerer vergangener Schlachten und Gefechte, deren Mannschaft im besten Falle schon tot war, ehe sie sich auf Hoth retten konnte und dann wahrscheinlich erfror. Allerdings sind sie auch Schätze an Wissen und Material. Besonders Letzteres hat viele hochgerüstete Piraten angelockt und seit die Chiss diese Welt für ihr Reich beanspruchen, tobt ein ressourcenfressender Stellungskrieg zwischen dem Imperium und der Republik, der Republik und den Piraten, den Piraten und dem Imperium und den Piraten untereinander.
Der kleine offene Speeder, welcher die Person durch den Schnee trägt, wirkt winzig in diesen Weiten, trotz dessen, dass er ausreichend groß ist um die Person und ihre Ausrüstung zu tragen. Modern ist der Speeder, eine Roche Eiskatze, speziell für Eisplaneten wie Hoth geschaffen, mit einem weniger starken, dafür aber breit ausgelegten Repulsorantrieb, welcher dafür sorgt, dass der Speeder selbst über Schneewehen aus leichtem Pulverschnee gleiten kann und den Untergrund nicht einfach wegbläst und dann darin versinkt. Er ist schnell und wendig, ideal für das Vorhaben, welches die fahrende Person durch eine Schlucht führt.
Am Rande einer weiteren Ebene, umrahmt von schroffem Fels und Eis, bleibt der Speeder stehen. Die Person lässt das Steuer los und richtet den Oberkörper von der vorgebeugten Fahrerposition auf um sich umzusehen.
Die Person selbst wird kaum in dem Schneetreiben zu sehen sein. Die Kleidung ist weiß, der Speeder besitzt ein hellblau-weißen Wintertarnanstrich. Die Wärmeemission ist gering, was hier besonders wichtig ist, denn mit einem einfachen Umsehen ist es nicht getan, durch das Schneetreiben ist nichts zu erkennen.
Die Person steht auf und schwingt ein Bein über die Sitzfläche des Speeders, nur um sich wieder seitlich darauf zu setzen. Umständlich und steift dreht die Person den Oberkörper in Richtung Heck und entnimmt einer seitlichen Halterung zwei Schneeschuh. Ein Vorbeugen ist unmöglich und so braucht es mehrere Anläufe um die Schnallen an den dicken Stiefeln in die der Schneeschuhe einrasten zu lassen, erst dann steht die Person auf und stampft mit den geschmeidigen Bewegungen, die den Laufkünsten billiger Protokolldroiden gleichen, zum Heck der Eiskatze.
Die vergleichsweise riesigen Schnallen der Transportboxen, speziell entwickelt um sie mit dicken Handschuhen zu bedienen, sind festgefroren. Erst einige Schläge mit der behandschuhten Faust bricht das Eis und lässt die Schnallen aufschnappen.
Behäbig öffnet die dick eingepackte Person die Box und nimmt ein Makrofernglas heraus. Die Gummilippen des Okulars sind rundlich geformt, sodass sie bündig auf der Schneebrille aufsetzen. Mit einem großen Hebel am Fernglas stellt die Person das Gerät auf Thermosicht um und vermag so das dichte Schneetreiben zu durchblicken.
Mehrere hundert Meter entfernt sind schemenhaft im kräftigen Blau der Thermosicht hellblau zwei Objekte erkennbar. Die Umrisse lassen nur schwer darauf schließen um was es sich dabei handelt, dazu ist die Entfernung zu hoch und der Temperaturunterschied zu gering, doch nun steht für die Person zumindest eine Richtung fest.
Das Makrofernglas findet wieder Platz in einer Isoliertasche, welche an dem Umhängeriemen hängt, den sich die Person über die dicke Kapuze geworfen hat, damit sie das Makrofernglas griffbereit behält.
Erneut stapft sie zum Heck des Speeders und öffnet eine weitere Transportbox, welcher sie eine feste Tasche entnimmt und diese mit einem leisen Klicken an zwei Schienen am Bauchbereich ihrer Kleidung befestigt.
Die Person entfernt sich stapfend und mit zwei Skistöcken ausgerüstet vom Speeder, welchen sie mit laufendem Aggregat zurück lässt. Bei Temperaturen im mittleren zweistelligen Bereich unter Null würde der Speeder sonst über Kurz oder Lang einfrieren, was die Überlebenswahrscheinlichkeit der Person beträchtlich senken würde. Solche lebensfeindlichen Gebiete zeigen besonders hart die Abhängigkeit des Menschen von Technik auf.
Nur schwerfällig kommt die Person im Schneetreiben voran. Gerade beim Laufen ist der enge und kneifende Spezialanzug unter der dicken Pelzkleidung hinderlich und steif.
Schritt für Schritt arbeitet sie sich aber unaufhörlich vor. Kaum ein Ton ist zu hören, schon gar nicht unter der Polychloroprensturmhaube und der Kapuze. Doch auch sonst ist Hoth ein recht stiller Ort derzeit. Der dichte Schneefall schluckt die Geräusche des Windes in den Eisbergen und Felsschluchten, die wenigen Tiere, welche hier leben, harren in ihren Bauen aus und hoffen auf besseres Wetter.
Doch genau dieses Wetter bringt die Person ihrem Ziel so nahe. Sie stoppt wieder und steckt die Skistöcke in den Schnee. Dann öffnet sie umständlich mit den Fäustlingen die Isoliertasche des Makrofernglases und wirft einen weiteren Blick hindurch.
Sehr nahe erscheinen nun die beiden Gebilde im Schnee, etwas weniger als hundert Meter. Klar sind die Konturen durch die Thermosicht zu sehen. Zwei Schneeraupen des Weisen Schlunds, einer Vereinigung verschiedener Piratenbanden, welche die Schätze von Hoth plündern wollen, stehen dort nebeneinander, etwa sechs oder sieben Meter Abstand zwischen einander.
Die Schneeraupen sind markant, halbrund und stromlinienförmig sehen sie aus wie ein Käfer und bieten dem Schnee wenig Fläche, auf der er sich festsetzen kann. Mittig auf der halbrunden Karosserie sitzt ein Turm. Der Zweck dessen ist unterschiedlich, meistens steckt da aber Sensor- oder Kommunikationstechnik drin.
Breite und mächtige Ketten treiben das Fahrzeug an und lassen es so schnell nicht im Schnee versinken.
Personen sind im Außenbereich nicht auszumachen. Zu solch früher Stunde wird auch niemand in einen Schneesturm gehen, der es vermeiden kann, allerdings kann man mit etwa einem Dutzend Personen rechnen, wenn die beiden Schneeraupen voll besetzt sind.
Allerdings zeigte die Thermosicht auf diese Entfernung noch drei weitere Objekte. Zwei davon jeweils am vorderen und hinteren Ende der Lücke, etwa mittig platziert. Ein weiteres Objekt stand außen an der Breitseite der einen Schneeraupe. Sicher war auch mit einem vierten Objekt an der Breitseite der anderen Schneeraupe zu rechnen, denn um was es sich handelt, war anhand der kontinuierlichen Bewegung des oberen Teils der Geräte schnell zu erkennen. Mobile Selbstschusstürme. Einige Minuten Beobachtung der Türme und ihrer Bewegung zeigte einen 90° Abdeckwinkel pro Turm auf, was eine Rundumabdeckung ergäben würde. Allerdings nur, wenn die Türme alle auf einem Fleck stehen oder möglichst dicht zusammen. Doch nun, da sie um zwei Schneeraupen aufgebaut wurden, welche selbst eine Länge von sechs Metern, eine Breite von drei bis vier Metern haben und zwischen sich eine Lücke ließen, in der eine Raupe noch mal längs reingepasst hätte, ergibt sich ein ungedeckter Bereich von mehreren Metern zwischen den Türmen im schrägen Winkel zu den Raupen.
Die Person wusste diesen Winkel zu nutzen und steckte das Makrofernglas wieder fort um sich durch diese Lücke der ersten Raupe zu nähern. Kurz vor der ersten Raupe, in der Lücke der Abdeckung, bleibt die Person wieder stehen. Sie steckt einen Skistock in den Schnee, mit der Spitze des Anderen drückt sie auf einen Taster an den Schneeschuhen um die Schnallen derer zu lösen und von ihnen runter zu steigen. Als das geschafft ist, steckt sie den Stock auch in den Schnee und geht langsam und umsichtig weiter durch den Schnee. Tief sinkt die Person ein, doch diese kurze Strecke sollte nicht viel Kraft kosten.
An der Raupe entlang hintergeht die Person die Abdeckung zum Selbstschussturm an deren Breitseite und lässt sich hinter dem Turm auf die Knie fallen.
Das autonome AR-17b Sicherungsgeschütz der Czerka Corp. ist ein klares Selbstbild seines Herstellers. Rabiate Feuerkraft gepaart mit diversen Unzulänglichkeiten; aber es ist billig und massenhaft auf dem Markt.
So musste in der zweiten Serie der Standfuß verbreitert werden, da Türme der ersten Generation auf nicht ganz ebenen Boden durch den eigenen Rückstoß umzukippen drohten. Die Treffgenauigkeit ist auf der X-Achse sehr gut, lässt auf der Y-Achse aber stark zu wünschen übrig, was es kleinen, schwebenden Droiden ermöglichte die Feuerabdeckung zu umgehen. Die Freund- / Feinderkennung wird über Standard-Microsender realisiert, welche auf eine frei wählbare Frequenz oder ein Frequenzband konfiguriert und dann mit dem Geschütz synchronisiert werden.
Die Radarscanner haben eine Reichweite von 100 Meter, welche aber je nach Umwelteinfluss auf die Hälfte reduziert wird.
Der Turm besitzt eine 2,4 GHz Funkschnittstelle mit 64bit Verschlüsselung zu Türmen gleichen Fabrikats, was eine Fernsteuerung oder eine Synchronisierung mit anderen Türmen in einem System ermöglicht. Die Zugriffskonsole ist mit einem 8-stelligen Zahlencode geschützt und verfügt der Sicherheit wegen über keine externe Schnittstelle. Allerdings ist die Konsole auf der Rückseite der Türme verbaut, wodurch sich die Türme nicht vor Fremdzugriff schützen können, und nur mit vier Schrauben als separates Modul installiert und übergibt Steuerbefehle über ein 32-poliges Flachbandkabel nach AEM Standard direkt an den Gerätespeicher, wo die CPU die Befehle umsetzt und das Gerät steuert. Dadurch lässt sich die Konsole mit einer Virtualisierung auf einem Datenpad umgehen.
Und genau das war der Plan dieser Person, welche sich gerade Fäustlinge auszog um ihre Finger einzeln nutzen zu können, auch wenn diese noch immer in dicke Handschuh gepackt waren.
Während leise Geräusche aus dem Inneren der Schneeraupe drangen, öffnete die Person die Tasche an ihrem Bauch und entnimmt dieser einen elektrischen Schraubenzieher. Mit dem Magnet des Schraubenziehers fischt die Person vorsichtig und behutsam einen 2 1/2mm Torxbit heraus und setzt ihn in die Spitze ein, ehe sie die vier Schrauben zügig mit leisen Sirren des Schraubenziehers löst.
Ein kurzer Ruck an der lose hängenden Konsoleneinheit lässt das Flachbandkabel von seinem Sockel schnappen und es passiert nichts. Aus Kostengründen hat die Czerka Corp. auf eine einfache Sicherheitsdurchschleifung verzichtet, sodass kein Alarm ausgelöst wird, wenn man die Konsole entfernt.
Der Schraubenzieher verschwindet wieder in der Tasche und ein Datenpad wird hervor genommen. In eine dicke isolierende Gummihülle eingepackt wirkt das Datenpad sehr klobig, lässt sich dadurch aber auch besser mit Handschuhen halten.
Umständlich steckt die Person das Flachbandkabel in den AEM Slot des Datenpads.
Der Touchscreen des Datenpads ist mit Handschuhen allerdings unmöglich zu bedienen, eine kleine Gummikappe, die mit einem Leitermaterial überzogen ist, wird mit Links daher auf den rechten Zeigefinger geschoben.
Nachdem die Sicherheitssperre mittels Virtualisierung zügig umgangen ist, dringt die Person in die Systemkonfiguration ein.
Systemsteuerung
ˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑ 1. Freund-/Feinderkennung neu kalibrieren
ˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑ 2. System deaktivieren
ˑˑˑˑˑˑˑˑˑˑ>ˑˑˑˑˑˑˑˑˑ 3. Zurück zum Hauptmenü