Ein Ende
Andenus stieg aus der Luke des kleinen Frachters in einen der ausladenden Transport- und Sicherheitsbereiche Denons. Die klimatisierte Temperatur war angenehm erfrischend nach den heißen Monaten auf Carida – auch wenn die Künstlichkeit in der Luft lag, die der Jedi Aufbereitungsanlagen kannte.
Denon war ihm bekannt – schließlich war er hier einst aufgewachsen. Doch abgesehen von dieser Bekanntheit verband ihn nichts mehr mit dem Ort, der mal seine Heimat war. Im Gegenteil, die Oberflächlichkeit des ganzen Planeten drückte noch stärker auf seine Sinne als üblich.
Agent Batash hatte wirklich ganze Arbeit mit der Legende geleistet. Ohne große Schwierigkeiten ging es durch die Sicherheits-Checks, die seit dem Einfall der Zakuul noch verschärft wurden – so schien es zumindest dem alternden Ritter. Die gefälschte ID gab ihn als Baruch Freiherr von Verane aus und dieser hatte aufgrund seiner vielen Geschäftsreisenden einen hohen Status bei verschiedenen Reisegesellschaften inne, was Cargo und Gepäckchecks obsolet machten.
Was wohl Takoob hier machte? Es war ungewöhnlich für seinen ehemaligen Padawan ein Notsignal auszusenden, aber gerade hier auf Denon mitten in den Kernwelten schien es nochmal unpassender.
Mit einem Taxi ging es zu einem einfachen Hotel im Sektor B-541. Das brach zwar etwas mit seiner Rolle, aber er wollte die Mittel, die man ihm überlassen hatte nicht für übermäßigen Luxus verschwenden. Dort angekommen, wechselte er seine ansehnlichere Kleidung zu einer einfachen Hose-Hemd-Kombination, wie sie von Millionen zur Zeit getragen wurden. Das Lichtschwert verstaute er in seiner Umhängetasche – sich wohl an das ungute Gefühl erinnernd, das ihn seit einigen Wochen plagte.
Takoob Kena war sein erster Padawan gewesen, ein fröhlicher junger Rodianer, der zwar kein schlechter Lichtschwertkämpfer war, aber dennoch für sich nicht den Weg eines Ritters sah und sich dem Bildungscorps anschloss. Andenus erinnerte sich mit Wärme an die vielen philosophischen Diskussionen, die sie auf langen Reisen hatten – wahrlich ein aufgeweckter Junge. Sie hatten einst einige Notfallprotokolle festgesetzt, für den Fall, dass sie diese einmal benötigen.
Dazu war es nicht gekommen – und nun doch.
Der nachdenkliche Dexter nahm wieder ein Taxi, um in die tieferen Sektoren des Planeten vorzudringen. Denon war in vielem wie Coruscant – ein Stadtplanet, der Milliarden an Lebewesen Heimat bot. Während in den oberen Bezirken viele gläserne Gebäude exzellente Firmenzentralen und Bankhäuser abgaben, wurde es tiefer düsterer. Hier waren viele Fabriken angesiedelt, die von Artilleriewaffen bis zu Zahnpaste alles herstellten. Es war diese Wirtschaftskraft, die Denon zu einem interessanten Ort machte – doch tatsächlich dort zu sein und in die dunklen Gegenden der Unterstadt zu kommen, verstärkte Andenus Unruhe nur noch.
Warum gerade hier treffen? Sicherlich, hier war es sicherer von den wachsamen Augen der Denon Security – doch was sollte ein Lehrer hier machen? Andenus ließ das Taxi an einer stillgelegten Fabrik halten und ließ es weiterziehen.
Er streckte seine Machtsinne aus, doch konnte nichts besonderes wahrnehmen –hatte er doch selbst dafür gesorgt, dass sein Padawan seine Aura dämpfen konnte.
Langsamen Schrittes bewegte er sich in die Fabrik und unbewusst wanderte die Hand zum Lichtschwert in der Tasche.
Mit einem heißen Zischen schloss sich die Tür hinter ihm und Andenus war sofort bewusst, dass er in eine Falle gelockt worden war. Er zog das Lichtschwert und drehte sich um, wachsam auf seine Machtsinne achtend nicht überrascht zu werden.
„Andenus Dexter, Ihr seid es tatsächlich – ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben.“ Die kalte Stimme strotzte vor Hohn und ließ den Jedi bis ins Mark erstarren, doch er brauchte einen Moment, um sie einzuordnen. Lord Mitheos, der Sith-Lord den er mithilfe des SIS auf Sorrus gefangengenommen, wie...
„Ah ich sehe Erkenntnis in euch, einfältiger Jedi. Meint Ihr tatsächlich Gefängnisse können einen Lord der Sith halten – besonders wenn die Wachen damit beschäftigt sind Zakuul zurückzuschlagen?“
Der bullige Sith trat aus dem Schatten in das rote Licht der Notbeleuchtung. Andenus Augen wanderten zu seinem rechten Arm, der nunmehr völlig aus Kybernetik bestand.
„Ihr schuldet mir nur einen Arm, Ritter“ Das Grinsen seines Gegenübers glich einer Fratze.
„Ich habe euch bereits einmal besiegt – ich empfehle Euch die Kapitulation“ antwortete Andenus betont ruhig.
Der Sith lachte nur leise. „Diesmal seid ihr alleine und diesmal kommt ihr wieder einmal zu spät.“ Mitheos hob die Hand und von einem der oberen Gang kippte eine leblose Gestalt herunter, die dumpf auf dem Boden aufschlug. Andenus wusste noch bevor er genauer hinzusehen vermochte, dass es sich um seinen ehemaligen Padawan handelte.
Einen kurzen Moment brachen Bilder, Erinnerung in den Geist des Ritters – ein lachender Takoob, einer der sich bei Tutamnis schwertat, der ihn herausforderte und einen Witz riss. Etwas in Andenus brach wie die toten Knochen vor ihm.
Der Jedi brüllte, zündete sein Lichtschwert und stürmte dem Sith entgegen.
All die Lehren, der Kodex, die Mediation traten in diesem Moment zurück – er war nur Zorn und dieser Zorn beflügelte ihn. Einem Gewitter gleich donnerte der Jedi auf seinen Gegner zu.
Seine heftigen Schläge wurden stärker als sie von purer Wut geladen auf den Sith einprasselten.
Mitheos wehrte die Angriffe des Jedi ab und ließ Andenus Zorn weiterhin die Klinge führen. Die präzisen Streiche des Makashi versuchten mit Präzision die Verteidigung des Sith zu durchstoßen.
Der Sith schien die Auseinandersetzung zu genießen und wehrte die mächtigen Schläge mit undurchdringlicher Verteidigung ab.
Der Jedi hätte wohl sich oder sein Leben verloren, wäre nicht ein kleiner Teil in seinem Inneren erwacht - durch Wut und Trauer fast stumm geworden. Dieses winzige, helle Element kämpfte sich durch die wirbelnden Schichten von Emotionen bis Andenus es wahrnahm.
Dieses Element war Andenus Nucleus – etwas aus dem sich sein Selbst, sein Gewissen, seine moralische Befähigung speiste und es verschaffte sich gegen den dumpf dröhnenden Sturm in seinem Inneren Gehör.
In dem Moment, als der Jedi sich dieses Kerns bewusst wurde, schien die Zeit stillzustehen.
Es war Andenus, als ob er sich von außen sah, wie er mit verzerrten Zügen sein Lichtschwert gegen den Sith wandte. Er sah in das hässliche Gesicht – sein eigenes -, das von Wut, Trauer und Zorn entstellt war. Es war ihm, als ob jemand anderes dort mit seinem Gesicht stünde und alles verdrehte für das Andenus stand.
Die Stunden der Meditiation, der Kontemplation, die innere Harmonie, die Freundschaften, die Erinnerungen – alles wurde Andenus in diesem Moment der unmittelbaren Schwäche und wahren Stärke bewusst. Der Jedi ergriff dieses harmonische Element, seinen achimedischen Punkt, und begann sich zurückzukämpfen. Er setzte dem Zorn, Frieden entgegen, der Trauer, Hoffnung und hob sich Stück für Stück zu der Harmonie zurück, die ihn setets ausmachte.
Zorn verrauchte.
Trauer versiegte.
Harmonie begann.
Der Ritter machte einen Satz zurück und ließ Mitheos leicht verwirrt zurück.
Schwer atmend fand der Ritter in den Sekunden wieder zu sich, in denen die Zeit wieder wie gewohnt hastete. Es war als fiel eine Last von seiner Schulter, eine Kette, die ihn zurückgehalten, wie er mehr und mehr zu sich und zu seinem Innersten fand.
Fast hätte er sich verloren, doch er blieb stehen – als Jedi.
Aufrecht stehend hob er die Klinge – das Blau des Schwertes schimmerte erwartungsvoll in sein Gesicht.
„Es gibt kein Chaos, es gibt Harmonie“ stieß er hervor während ihm der salzige Schweiss in den Augen brannte.
Mitheos seufzte, hob ebenfalls das Schwert und stürzte auf den Jedi zu, nun seinerseits in die Offensive schaltend. Andenus war darauf gefasst, er ruhte in sich als er spürte wie die lebendige Macht von ihm Besitz ergriff und er in feinstem Soresu den brutalen hieben des Sith Paroli bot.
Der Kampf hatte etwas archaisches, die rohe Gewalt traf auf die Unverrückbarkeit des Jedi und die Klingen kreuzten sich tanzend wie auch die Schritte der rauen Melodie der Auseinandersetzung folgten.
Einige Momente war es ein ausgeglichener Kampf – die pulsierende dunkle Seite und die stoische helle verschränkt – doch dann begann der Sith Andenus zurückzudrängen.
Andenus war ein begabter Schwertkämpfer, doch der puren Kraft des Sith würde er nicht ewig standhalten. Er war besser als vor sieben Jahren, doch noch immer würde seine Befähigung nicht dafür ausreichen den Lord zu überwinden. Man sagte, dass Soresu nur das Unausweichliche verlangsame und mit jedem Schlag wurde das Andenus mehr bewusst.
Der Ritter sammelte sich und machte sich bereit eins mit der Macht zu werden, als sich ihre Klingen ein letztes Mal kreuzten. Andenus wollte gerade zu einem Konter ansetzen als er einen Stich im Brustkorb spürte. Mitheos hatte eine versteckte Klinge aus seinem Handschuh schnellen lassen, die wie durch Butter in Andenus Körper glitt.
Der Jedi nahm wahr wie Blut aus der Wunde trat und damit seine Lebenskraft. Er blickte in die Augen seines Gegners, sah Triumph, Siegesfreude und Arroganz. Es war ein Moment, wie ihn Andenus noch nicht erlebt hatte. Es war als ob die Macht ihm die Wege offenbarte, die sich aufeinmal boten. Es war, als ob der Ritter eines Bruchpunkts in Zeit und Raum gewahr wurde und dass der Sith in diesem Triumph den Bruchteil einer Sekunde nicht aufmerksam genug sein würde.
Andenus dekativierte für einen winzigen Moment das Lichtschwert, woraufhin die Klinge seines Gegners vorbeiglitt. Als er es wieder aktivierte bohrte sich das blaue Plasma in den Sith, dessen Augen vor Verblüffung weit aufgerissen waren.
Leblos sackte der Sith zusammen. Andenus ließ seine Klinge fallen, die sofort erlosch. Die zittriger Hand führt er zur offenen Stichwunde, aus der sein Blut pulsierte und mit jedem Atemzug die Schmerzen anstiegen.
Der Ritter spürte wie die Lebensgeister ihn verließen und Schwärze ihn umfing.