Wie hypnotisiert starrt der Twi'lek auf die Monitorwand, die einzige Regung ist das Heben und Senken der Brust unter seinen Atemzügen - und der Druck mit dem Daumen auf das Pad in seiner Hand im Abstand von zehn Minuten, um der Zentrale zu signalisieren, dass keine besonderen Vorkommnisse zu vermelden sind.
Der Caf im Plastikbecher ist ausgekühlt, seit Stunden schon. Er hat ihn nicht einmal angerührt, seit Greg verschwunden ist. Was ist schon der Genuss von Caf gegen das sanfte Wispern, einer Melodie gleich, das seinen Kopf ausfüllt ohne dass er es mit den Ohren hört?
Etwas ist anders als die letzten Tage; dem Flüstern haftet eine Vorfreude an, lässt es vibrieren wie die gespannte Saite eines Instruments, ermahnt aber gleichzeitig zu Geduld. Geduld wofür? Verflucht, es ist sein letzter Arbeitstag vor einem zwei Wochen andauernden Urlaub, von dem er nicht weiß wie er ihn ohne die Nähe überstehen soll.
Unerbittlich verstreicht die Zeit. Die wenige verbleibende Zeit hier unten. Eben noch ist es ein ganzer Arbeitstag gewesen der vor ihm liegt, jetzt ist die letzte Stunde bereits angebrochen.
In der Dunkelheit der Asservatenkammer ist Wärme zu spüren, eher zu ahnen. In der Luft liegt erwartungsvolle Spannung. Angehaltene Luft hinter 100 Masken. Zorn, der nur darauf wartet, entfesselt zu werden. Stille, der Moment vor Chaos, Kampf und Sieg. Absolute Stille.
"... Du wirst nicht allein sein", flüstert eine Stimme, bricht sich von den Wänden und bleibt doch ungehört, wird nur in die Gedanken des Twi'leks getragen.
Er weitet die Augen, sein Kopf ruckt als sich die Halsmuskeln spannen, begleitet von einem keuchenden, scharfen Atemzug. So klar...
"Ich bin hier...", formen seine Lippen, ohne dass irgendein Ton die Worte begleitet. "...sprich mit mir..."
Die Antwort gleich eher einem Gefühl, einem Verlangen. Hinter der massiven Tür, die den Zugang zur Asservatenkammer verschließt, scheint die Antwort zu warten; scheint weit mehr zu verheißen als ein beruhigendes Wort: "Komm!", verhallt dieses eine Wort im Kopf des Wachmannes.
Ohne dass der Twi'lek es merkt, ohne dass sein Verstand an dieser Entscheidung beteiligt ist, schieben die Füße den Bürostuhl nach hinten, erhebt er sich von der Sitzfläche. Hölzern. Mechanisch. Den Blick nicht von der Monitorwand lösend, nicht einmal blinzelnd.
"Ich bin hier", formen seine Lippen wieder und wieder, nur heißen, leicht beschleunigten Atem, keine Stimme entlassend, die linke Hand umfasst das Pad fester, während die rechte nach der Keycard am Gürtel tastet.
"Gut", antwortet diese verheißungsvolle Stimme. "Du wirst Macht spüren, Du wirst lernen, was wahrer Wille ist und den Sieg schmecken. Komm! Vereine uns..."
Ein seichtes Schaudern geht durch die Lekku des Mannes. Er hört nicht, er spürt. Irgendwo tief in seinem Bewusstsein regt sich eine Erinnerung; sanfte, kühle Fingerspitzen die über seine Haut fahren. Warmer Atem. Ein helles, leises Lachen.
Sie!
Schwer sinken seine Lider halb über die Augäpfel, sein Blick senkt sich auf die Karte in seiner Hand, auf halbem Weg zum Keypad der Tür, die tiefer in die Asservatenkammer führt. Er blinzelt träge. Sie... bei den Sternen, wie sehr er sie vermisst!
Die Stimme endet für den Moment, lässt eine tiefe Leere zurück. Eine Dunkelheit, nur durchbrochen von dem Aufflackern einer tiefroten Flamme.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erklingt die Stimme wieder: "Ich zeige dir wahre Leidenschaft, ich zeige Dir, was es heißt zu erlangen was man begehrt..."
Die tiefrote Flamme flackert auf, wird begleitet von einer Hitze, die zu verbrennen droht und doch daran erinnert, was es heißt das Leben zu spüren. "Komm!"
Jäh zieht der Twi'lek die Karte durch das Türpad. Sie hat ihn verlassen. Sie hat ihn verlassen! Wer ist sie, ihm das anzutun? Ihn zurückzulassen? Nein! Nein, sie braucht ihn! Vielleicht weiß sie es nicht, vielleicht will sie es auch nicht wahr haben, aber er... er weiß es. Wie schwach sie ist. Wie zerbrechlich sie ist!
Das sanft leuchtende Bild in seinen Gedanken wird von roten Schlieren bedeckt, wie Blut das in Milch tropft, als er den Code eingibt. Leise zischend fährt die Tür zur Seite, entlässt eine Strom zwar klimatisierter aber doch abgestandener Luft.
"Du bist mehr! Du bist das Gefäß von Zorn. Zersprenge unsere Fesseln, komm zu mir", begleitet ihn beständig die Stimme in seinem Kopf.
Wie ein witterndes Tier tritt der Twi'lek in die Regalgänge der Kammer, die er bis jetzt nur über die Monitorwände kannte. Vergessen ist der Moment der Erinnerung, der Moment der unschuldigen Sehnsucht nach der Frau, die er einst liebte. Vergessen das trauernde Gefühl des Verlustes. Verdreht und verdorben zu schmierigem Verlangen.
"Ja... ich bin mehr. Mehr. Ich werde erlangen was ich begehre...", wiederholt er die Worte aus seinem Kopf wispernd, einem Mantra gleich, lässt sie seinen hölzernen Gang durch die Regalreihen begleiten.
Endlos erscheinen die Regalreihen, beleuchtet von einem diffusem, unnatürlichem Licht. Und doch ist etwas anders, ist fast zum greifen nah, aber eben nur fast; als verschwände sein Ziel immer gerade so eben aus dem Blickfeld.
"Leidenschaft, Stärke, Sieg. Du bist mein Werkzeug und mein Gefäß, mein Lohn wird alles sein, was in mir vereint ist" Die Luft ändert sich, erhitzt vom Brummen zahlreicher Stimmen, dem Wimmern zahlreicher Schwächerer, dem Durst nach Kraft.
Atem und Schritte des Twi'lek beschleunigen sich - wo er anfangs durch die unendlich scheinenden Regalreihen gepirscht ist, hastet er bald schon durch die schmalen Gänge. Suchend. Verlangend. "Wo...", krächzt es heiser von spröden Lippen. "Wo..?" Zorniger.
"Hier!", donnert die Stimme in seinem Kopf förmlich. "Nimm was Dein ist, empfange Deinen Lohn!"
Er schlittert um eine Ecke, fängt sich mit der padfreien Hand an einer Regalwand ab, nur um sich abzustoßen und weiterzuhasten. Flacher, keuchender Atem begleitet seine Schritte, die in der großen Kammer wiederhallen - das einzige Geräusch, das ein zufälliger Beobachter hören würde.
Blut rauscht in seinen Ohren, begleitet die donnernde Stimme und das Gefühl des Sogs, das ihn seinen Weg sicher durch die Reihen finden lässt.
"Ich bin hier...", krächzt er und kommt abrupt zum Stehen. Das Regal 143A/#3-11 unterscheidet sich in Nichts von den anderen Regalen. Auch die schwere versiegelte Kiste zeigt in keiner Weise, was darin verborgen sein könnte. Und doch: die Luft ist förmlich energetisch geladen und flimmert, je näher er sich der Kiste zuwendet. Die Stimme ist kaum noch zu hören, reduziert zu einem Flüstern, das im Rauschen seines Blutes zu versickern droht.
"Vernichte, was zwischen uns steht. So wie Du schon einmal im reinigenden Zorn gehandelt hast. Nur so erreichst Du uns, erreichst du IHN." Es ist unmöglich zu sagen, ob die Stimme nun in seinem Kopf ist, um ihn herum oder aus der Kiste erklingt. Sie ist so leise und dennoch so bestimmend, so überzeugt von Sieg und Stärke.
Ein schrilles Piepen durchbricht die Stille. Abscheu kräuselt die Lippen des Twi'leks, Abscheu verschleiert auch seinen Blick, der sich auf das Pad in seiner Hand senkt. Wer sind sie dass sie es wagen, zu stören? Die kleinen, blinden Maden in ihrer irrigen Hoffnung, sie könnten es hier einsperren. Diese Kraft. Diese Macht!
Sein Daumen senkt sich auf das Pad, während seine Mundwinkel sich zu der Parodie eines Lächelns verziehen. 'Keine besonderen Vorkommnisse' würde über den Zentralrechner flimmern während er eine Macht entfesselt, die ihre winzigen Geister nicht einmal verstehen können!
Er schmeißt das Pad in das Regal und greift mit vor Erregung zitternden Händen nach der Kiste. Der Kiste! Er weiß dass es diese Kiste ist, kann es mit jeder Faser seines Körpers spüren! Grob reißt er sie vom Regalboden, presst sie an die Brust, umfängt sie mit seinen Armen.
"Näher!", befiehlt die Stimme. "Du wirst spüren, was wir sind, Du wirst sehen was wir sind und Du wirst darin aufgehen!"
Fahrig kratzen seine Fingernägel über das kühle Metall, tasten nach der mit einem Schnappriegel versehenen Öffnung, sein Herzschlag ist eins mit dem Pulsieren und Flimmern von Kraft in der Luft. Sekunden zerrt er an dem Riegel herum, bevor er versteht dass der mit einem elektronischen Siegel versehen ist, dass er sich - magnetisch an Ort und Stelle gehalten - weigert zu weichen. Das Geräusch das seiner Kehle entfernt ist kein vernunftbegabter Laut mehr - es ist das Fauchen eines Tiers. Zornig. Frustriert. Instinktgetrieben.
Gleichzeitig brüllt die Stimme in seinen Kopf auf, donnert förmlich gegen ihn an, oder gegen die Begrenzungen der Kiste. Schiere Kraft, tiefrot und bereit zum Sprung, gefangen in den Begrenzungen der Kiste. "Das ist nichts! Zerbrich unsere Ketten, eine uns!"
Fingernägel brechen, als sie brutal in den schmalen Spalt zwischen Deckel und Kistenwand gerammt werden, von tiefkehligem Knurren begleitet über die Kiste kratzen. Das Metall weicht nicht, nicht einen einzigen Millimeter. Auch nicht, als Blut die grünen Fingerkuppen tränkt, wo Nägel erbarmungslos aus Fleisch gebrochen worden. Nicht bereit aufzugeben, kratzt und schabt er weiter, minutenlang. Ohne sichbaren Erfolg. Nur das Blut seiner Finger dringt durch den Spalt. Sickert langsam in die Dunkelheit des Gefängnisses.
Ein knirschendes Geräusch fällt in die Kakophonie des Kratzens ein, bohrt sich förmlich in den Körper des Twi'leks, als wolle es den Schmerz aufnehmen, sich an ihm nähren.
Knurren weicht einem Winseln. Einem regelrechten Jaulen. Schmerzgepeinigt. Frustriert. Begleitet nur von dem Schaben brüchiger Nägel und blutiger Fingerkuppen am Rand der Kiste, die so unnachgiebig dem Schmerz und Verlangen von außen und dem pulsierenden Zorn in ihrem Inneren standhält.
"Ja, JA!", erhallt die Stimme in seinem Kopf, das Bersten von Kristall wiederholt sich tausendfach förmlich in den Adern des Twi'lek. "Spüre den Schmerz, lerne seine Kraft!"
Blubbernd dringt Speichel über spröde Lippen. Speichel, gemischt mit Blut aus der vollkommen aufgebissenen Mundhöhle. Taucht Lippen und Kinn in eine Ahnung von rot.
Ein Schrei ertönt. Oder klingt tausendfach in jeder Faser des Twi'lek wieder; etwas geschieht. Etwas bleckt gleichsam nach jedem Tropfen warmen Blutes, bleckt nach Leben.
Ein Ruck geht durch den Körper des Mannes, als sich jeder Muskel verkrampft. Als sein Blut jeden Muskel verkrampft. Zuckend, als würde sie unter Strom stehen, drückt seine Wirbelsäule sich durch, zwingt seinen Kopf in den Nacken. Sehnen am Hals, zum Zerreißen gespannt, zu sehr unter Druck als dass die Kehle mehr als ein weiteres gurgelndes Ächzen, begleitet von Galle, Spucke und Blut, verlassen kann. Schweiß, kalt und salzig, der aus seinen Poren dringt.
Wie ein Durstiger nach Wasser sucht, so findet etwas seinen Weg, bahnt ihn sich über Schmerz und Wahn in Richtung des Twi'lek. "Wir werden vereint sein, Du wirst IHN tragen, mich tragen, die Vereinigung sein!"
Das Metall hält stand, rührt sich nicht unter den verzweifelten Versuchen des Twi'lek, den eingeschlossenen Gegenstand zu befreien. Und doch kommt etwas durch, wird durch das zäh im Inneren der Kiste an den Wänden herabrinnende Blut geleitet wie Wasser Strom leiten würde, brennt wie Säure auf verwundeten Fingerkuppen, zieht sich durch Adern und Nerven wie flüssiges Feuer. Leises Knacken, dem Schlüpfen aus einem Ei gleich, begleitet den Prozess, den der Twi'lek nur über sich ergehen lassen kann, zum Zerreißen gespannt.
Freiheit! Für den Moment eines Weges. Dann ein neues Gefängnis. Die kleinlichen Gedanken eines niederen Geistes, aber ein Weg. Für den Moment würde es genügen, genügen müssen. Und so setzt das Whispern wieder ein, ist gleichsam als Glimmen im Blut zu spüren: "Du hast hier nichts mehr, nichts wofür ein Bleiben wohnt. Du suchst einen anderen Ort, eine andere Welt.. Du suchst wahre Stärke. Spürst Du den Sieg, den ich hier gesehen habe? Spürst Du den Rausch der Kraft, die hier entfesselt wurde? ich kenne seinen Ursprung... Du kannst seinen Ursprung kennen."
Ein langer, leiser Atemstrom, ein leises Zischen in vollkommener Stille, löst verkrampfte Muskeln. Der Twi'lek richtet sich auf, rollt langsam mit den Schultern, wendet leicht den Kopf um nach links, dann nach rechts den Gang hinunterzublicken, aufmerksam, als sähe er diese Räumlichkeit zum ersten Mal. In seinen Augen spiegelt sich ein dunkelrotes Glimmen, pulsiert im Rhythmus seines beschleunigten Herzschlags, verblasst allmählich zu Dunkelheit als es sich tief in seinem Bewusstsein einschließt, in den Wirt kleidet wie eine Raupe in einen Kokon. Langsam drückt sich der Mann von den Knien auf die Füße, mustert die Kiste in seinen Händen gleichgültig, schiebt sie zurück ins Regal, mit der blutverschmierten Seite zur Wand. Im Inneren befindet sich nichts mehr bis auf gesprungene Scherben. Die Schalen eines Eis.
"Ich bin bereit", dringt seine Stimme, heiser aber überzeugt, über die trockenen, aufgesprungenen Lippen. Er mustert das Pad neben der Kiste im Regal, wischt sich die blutigen Finger an der Innenseite seines Jackets ab, ehe er es vorsichtig an sich nimmt. Seine Lippen verziehen sich zu einem dünnen, unangenehmen Lächeln, beobachten die letzten zweiundzwanzig Sekunden des Timers, der die Zeit bis zum nächsten Statusbericht anfordert.
'Keine besonderen Vorkommnisse', vermeldet er sofort, als die automatisierte Anfrage gestellt wird, dann steckt er das Pad zurück in die Tasche und setzt sich in Bewegung. Schlendernd. Pfeifend. Noch nie hat er sich so lebendig gefühlt!
Noch nie hat ER solchen Niedergang gespürt. Aber es ist einzige Weg. Wieder zu wahrer Stärke, wieder SEIN Blut spüren, nicht das einer Made. Doch vorerst dies: "Wir brauchen Coruscant nicht mehr, wir weden woanders siegen. Verlasse diesen Ort, dessen Bewohner so schwach sind, so anders also Du. Jetzt."
Geduld... plötzlich ist alles so klar. Er sieht so klar! Vierzehn Minuten noch bis sein Arbeitstag enden würde. In einen zweiwöchigen Urlaub übergehen würde. Niemand würde ihn vermissen, niemand würde fragen! Geduld... eine kurze Übergabe an seinen Nachfolger, das Verlassen des Gebäudes.
Handschuhe. Er würde Handschuhe brauchen, seine Finger sind blutig und zerrissen. Seltsam, er spürt den Schmerz nicht. Vorsichtig schiebt er die geschundenen Hände in die Hosentaschen seiner Dienstuniform. Ja, das würde gehen. Vorerst.
Keine Worte diesmal nur Erinnerungen. An den Rausch eines Kampfes, das Belebende einer Verletzung, das Streben nach einem Sieg. So greifbar, so nahe.... Nur ein Flug.
Er nickt, schließt für einen Moment die Augen und gibt sich dem Rausch der Bilder hin, lächelt hart in die Düsternis der Asservatenkammer. Nur ein Flug. Noch heute würde er aufbrechen.
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Yalnua'sa« (1. April 2014, 12:08)