Ein Friedensvertrag zwischen dem Sith-Imperium und der Republik wurde geschlossen, doch Keigan traute diesem Frieden nicht, wie so viele andere auch. Niemals mehr, würde er dem Imperium in irgendeiner Art und Weise vertrauen.
Allerdings gab es für ihn zu dieser Zeit andere Dinge, um die er sich Sorgen machen musste.
Man hatte ihm, als er als Jüngling im Orden aufgenommen wurde, die beiden Halsketten Corran´s abgenommen, mit der Begründung, dass sie ihn nur von seiner Ausbildung ablenken würden. Allerdings hieß es auch, dass er sie zurückbekäme, wenn er die Prüfung zum Jedi-Ritter bestehen würde. Keigan musste dabei lächeln. Er würde ein Jedi werden. Corran hatte also immer recht gehabt, man durfte die Hoffnung nie aufgeben und er schwor sich, dass er das auch niemals mehr tun würde.
Die Tage des neuen Jünglings gingen und kamen. Keigan dachte noch oft an Balmorra und natürlich auch an Corran. Dass man ihm die Halsketten abgenommen hatte, weil sie ihn angeblich von seinem Training abhalten könnten, verstand er zwar nicht und es gefiel ihm auch nicht wirklich, aber theoretisch musste er ja nur die Prüfung zum Jedi-Ritter bestehen und er würde sie zurückbekommen. Doch das war allerdings leichter gesagt als getan. Aber Keigan gab nicht auf, er lernte fleißig, arbeitete sich durch alles, was die Meister den Jünglingen an Lehrmaterial gaben. Selbst in seiner Freizeit lernte Keigan. Er wollte nicht still stehen, er wollte handeln. Er brauchte auch nur kurze Zeit, um den Kodex der Jedi auswendig zu können, aber richtig verstehen konnte er ihn nicht. Keigan befragte diverse Meister dazu. Ein jeder von ihnen erklärte ihm den Kodex etwas anders, doch eins sagten ihm alle Meister gleich.
"Studiere weiterhin den Kodex und versuche ihn für dich zu verstehen."
Keigan verstand weder den Jedikodex, noch was die Meister ihm damit sagen wollten, dennoch las er den Kodex jeden Tag mehrere Male durch.
Anfangs machte Keigan keinerlei Fortschritte. Doch einige Monate später, war er sich ziemlich sicher, dass er anfing zu verstehen.
Arraq´Kesh meditierte in seinem Zimmer, als es plötzlich an seiner Tür klopfte.
"Komm herein."
Die Tür ging auf und Keigan stand dort.
"Meister Kesh, ich weiß nicht, ob ich den Jedikodex verstanden habe, aber ich denke, dass ich nah dran bin."
"Das ist interessant, aber wieso kommst du dafür zu mir? Soweit ich weiß, sind die Zimmer von drei anderen Meistern näher an den Quartieren der Jünglinge als das meinige."
Keigan war etwas verlegen, aber er hielt seinen Blick aufrecht und schaute Arraq´Kesh weiter an.
"Ihr habt mir damals das Leben gerettet und mich zum Jeditempel gebracht. Ohne Euch würde ich heute nicht hier stehen. Deshalb wäre es schön, wenn Ihr der erste wärt, dem ich meine Gedanken zum Jedikodex offenbaren darf Meister."
Arraq´Kesh lächelte unter seiner Atemmaske. "Na schön Jüngling, dann beginne."
"Unwissenheit gibt es nicht, Wissen gibt es.
Es bedeutet, dass man sich immer weiteres Wissen ansammeln sollten und dass man nicht auf einem bestimmten Wissensstand stehen bleiben soll.
Leidenschaft gibt es nicht, Gelassenheit gibt es.
Man stürzt sich nicht Hals über Kopf in eine Sache hinein, sondern man denkt nach und dann erst handelt man.
Tod gibt es nicht, die Macht gibt es."
Keigan musste kurz Luft holen. Diese Passage war ihm etwas unangenehm.
"Der Tod ist nicht das Ende, wir leben durch die Macht weiter."
Der Kel´Dor musterte den Jungen.
"Du hast den ersten Vers nicht rezitiert Keigan. Wieso?"
Keigan war verlegen. Er schloss kurz die Augen.
Als er sie wieder öffnete schaute er wieder in das Gesicht von Meister Kesh.
"Darf ich offen sprechen Meister?"
Arraq´Kesh gebat ihm mit einer Geste seiner Hand fortzufahren.
"Gefühle gibt es nicht, Frieden gibt es.
Ich denke, dass das einfach unmöglich ist Meister. Kein Lebewesen ist ganz ohne Gefühl. Wenn wir keine Gefühle hätten, dann wären wir nichts weiter als leblose Dinge."
Arraq´Kesh schmunzelte hinter seiner Maske.
"Eine Interessante Ansicht, aber dennoch solltest du über diesen Vers noch einmal nachdenken."
"Ich ... ich verstehe Meister."
"Nein, du verstehst nicht Keigan."
Eine kurze Pause folgte und Keigan fühlte sich sehr unwohl in seiner Haut."
"Aber du bist nahe dran. Ich sage dir etwas. Wenn du mir diesen Vers noch einmal rezitierst und ihn für dich verstehst, dann werde ich dir Teile zur Herstellung eines Lichtschwertes geben."
Keigan strahlte von einem Ohr zum anderen. Die Lichtschwertteile zu bekommen war ein großer Schritt nach vorn, ein großer Schritt zum Padawan.
"Ja Meister, ich werde noch einmal darüber meditieren und wenn ich ihn verstanden habe, werde ich wieder zu euch kommen."
Mit diesen Worten verbeugte sich Keigan, drehte sich um und ging aus Meister Kesh´s Zimmer. Draußen auf dem Gang jubelte er innnerlich und rannte so schnell er konnte zurück in sein Zimmer um dort den ersten Vers des Kodex noch einmal durchzugehen und ihn zu verstehen.
Ich spüre noch tiefe Trauer in ihm. Der Tod seines Freundes scheint ihn immer noch zu verfolgen. Wenn er nicht darüber hinwegkommt, wird es schwer für ihn ein Jedi zu werden.
Die Tage vergingen und Keigan war der Bedeutung des Vers immer noch nicht näher gekommen. Er lauschte wie immer während den gemeinsamen Stunden der Jünglinge den Worten der Meister, diesmal vehement auf einen Hinweis zur Bedeutung des Vers. Allerdings schien keiner von ihnen etwas zu sagen, was Keigan irgendwie weiterbringen konnte. Mit den anderen Jünglingen sprach er nicht. Er war schon immer etwas schüchtern gewesen. Selbst bis er Meister Arraq´Kesh für seine Rettung gedankt hatte, war schon ein Monat vergangen. Außerdem sagte der Kel´Dor, dass Keigan die Bedeutung für sich selbst entdecken musste.
Nach den gemeinsamen Studen saß Keigan immer in seinem Zimmer und dachte über den ersten Vers des Kodex nach.
Gefühle gibt es nicht, es gibt nur Frieden. Was soll das bloß bedeuten? Ein jeder hat Gefühle, Jedi sind da keine Ausnahme. Wie soll es also keine Gefühle geben?
Sein Kopf rauchte, doch er wollte nicht aufgeben.
Nochmal von vorne. Gefühle gibt es nicht, es gibt nur Frieden.
Frieden. Vielleicht sollte ich an diesem Punkt anfangen. Allerdings ist Zufriedenheit selbst doch auch ein Gefühl.
Keigan fuhr sich über sein kurzes Haar.
Nein, nicht Zufriedenheit, Frieden. Doch Zufriedenheit ist eine Art des Friedens. Aaarrrrgghh. Ich komme einfach nicht weiter.
Keigan legte seinen Kopf auf den Tisch und schloss die Augen.
Frieden. Ob Corran nun auch seinen Frieden gefunden hat? Er ist jetzt eins mit der Macht ...... und dennoch tot.
Er öffnete apprupt seine Augen. Nein, er durfte nicht dauernd in die Vergangenheit abdrifften und schon gar nicht in ihr verweilen. Er hatte nach mehreren Stunden des Studiums bereits gemerkt, dass er das öfters tat, als es gut für ihn war. Dann war es ihm plötzlich klar.
Meine Gefühle für Corran lassen mich nicht los. Deshalb finde ich auch keinen Frieden. Weil ich Corran´s Tod einfach nicht überwinden kann. Was bedeutet, dass man die Gefühle zulassen darf, sich aber nicht von ihnen einnehmen lassen darf. Und wenn man das erreicht hat, dann gibt es Frieden.
Keigan war sich sicher die Antwort gefunden zu haben und am liebsten wäre er sofort zu Meister Kesh gelaufen, doch ein Blick auf den Chrono auf dem Tisch zeigte ihm, dass es schon spät war. Er ging ins Bett und schlief auch sofort ein. Was er eben herausgefunden hatte ihm zwar bei der Suche nach der Antwort auf seine Frage hilfreich gewesen, doch brachte es auch ein neues Problem mit sich. Er wusste, dass er den Tod seines Freundes hinter sich lassen musste, doch er wusste einfach nicht wie.
"CORRAN!!!"
Keigan schnappte nach Luft. Er befühlte seine Stirn, sie war ganz nass.
Schon wieder. Wieso kann ich die Vergangenheit nicht ruhen lassen?
Es war schon über ein Monat vergangen seit Keigan Arraq´Kesh den Kodex rezitierte und ihm erzählt hatte, was er darunter verstand. Er war sich sicher gewesen, dass, sobald er den Kodex erstmal verstanden hatte, würden die Alpträume aufhören, aber das taten sie nicht.
Keigan schaute sich in dem dunklen Zimmer um und wischte mit seinem Handrücken über die Stirn. So schnell würde der Junge nicht wieder einschlafen können, deshalb stand er auf und trank einen Schluck Wasser. Dann setzte er sich an einen kleinen Tisch und schaltete die Lampe an. Dort lagen vereinzelte Metalteile und ein Kristall. Meister Arraq´Kesh, sein Lebensretter, hatte sie ihm gegeben um mit dem Bau seines Lichtschwertes anzufangen, nachdem er den Kodex für sich verstanden hatte. Doch irgendwie kam er nicht richtig vorran. Obwohl Keigan bei Corran oft zugesehen und versucht hatte selbst Dinge aus Metal zu fertigen, wollten die Lichtschwertteile irgendwie nicht richtig zusammen passen. Er war zwar nicht so gut wie Corran, aber er hatte gehofft zumindest ein bisschen an dessen Fertigkeiten heran zu kommen.
"Die Macht wird dich beim Bau des Lichtschwertes leiten" hatte Meister Arraq´Kesh gesagt. Aber hieß das dann, dass die Macht ihn für noch nicht bereit hielt?