Der Geist ist eine mächtigere Waffe als das Schwert.
Meister Ooroo
16 VVC
Jestocost Alde (37), Marlnah Numa (11), Bareg Liren (Alter unbekannt)
Marlinah sah täglich im Archiv vorbei, doch sie sah von dem Jedi keine Spur. Weder von Meister Bareg Liren, noch von Ritter Alde. Dabei hatte sich nun seit ein paar Tagen ein Wunsch in ihr gebildet, den sie mit dem Jedi abklären wollte.
Ihre Geduld hatte sie auf eine harte Probe gestellt. Fast vier Monate war es her, dass sie das Angebot des Ritters abgelehnt hatte.
Und dann sah sie ihn endlich während ihrer täglichen Runde, ging direkt auf ihn zu und blieb dann doch mehrere Schritte hinter ihm stehen. Plötzlich unsicher und unentschlossen. Sie wollte schon wieder gehen und es auf den nächsten Tag verschieben, als er sich zu ihr umdrehte und warm lächelte.
„Hallo Marlinah. Stehst du schon lange da?“
Sie schüttelte stumm den Kopf und legte die letzten Schritte zurück, sah auf den Tisch, an dem er arbeitete. „Seid Ihr heute erst wieder gekommen?“
„Ja, vor ein paar Stunden. Meister Bareg Liren suchte die Ruhe des Tempels.“
Die Twi'Lek nickte leicht und wechselte das Standbein. Sollte sie direkt mit ihrem Thema heraus platzen? Nein, das fand sie nicht passend. Also fragte sie, wie es ihm und seinem Meister in den letzten Monaten ergangen war und erfuhr weitere Einzelheiten von der Schlacht. Er deutete auch etwas von einer Sprache an, aber sie merkte, dass er ein andern Mal vielleicht mehr davon erzählen würde. Sein Blick wurde ernster, nachdem er seinen Bericht beendet hatte.
„Was bedrückt dich? Du hast doch eine offene Frage auf der Stirn stehen.“
Das Mädchen seufzte tief und deutete an, ein paar Schritte mit ihm gehen zu wollen. Jestocost nickte knapp und sie schritt an seiner rechten Seite hinaus aus dem Archiv, durch die langen Flure. Unbewusst lenkte sie in Richtung der Landeplattform und blieb stehen, während der Wind leicht wehte.
Es herrschte Stille, bis Marlinah diese letzten Endes doch brach. „Meister Erjan sagte, er will mich ausbilden.“
Jestocost wandte den Blick dem Mädchen zu. „Dann gratuliere ich. Er ist ein ausgezeichneter Kämpfer.“
„Das ist er. Aber ich habe nein gesagt.“
„Warum?“
Nun war es Marlinah, die seinen Blick suchte. „Ich habe wirklich richtig lange darüber nachgedacht. Eigentlich wollte ich sofort nein sagen. Aber ich dachte, das nimmt er mir übel. Deshalb habe ich ihm gesagt, ich sage es ihm morgen. Aber dann sagte ich doch nein. Ich lag die halbe Nacht wach, weil ich ja sagen wollte. Ich habe es verbockt. Er flog mit jemand anderem weg und das tat irgendwie weh.“
„Bereust du es immer noch?“
„Ja und nein.“ Sie schwieg einen Moment, um all die Gedanken zu ordnen, die in ihrem Kopf rumschwirrten. „Ich will gar nicht kämpfen lernen. Ich mein, ich will es schon lernen. Aber ich möchte nicht, dass das … alles ist. Ich möchte das lernen, was ich nicht so gut kann. Also auch das andere. Aber... naja, alles eben, nicht nur den Schwertkampf.“
Sie schwieg einen Moment, drehte sich ihm ganz zu, versuchte in seinen hellen, blauen Augen zu lesen, was er wohl denken mochte, doch es gelang ihr nicht.
„Ich bin so doch so schon zu spontan und impulsiv. Dann stehe ich mir doch nur noch mehr im Weg. So, wie Dokar.
Ich möchte aber alles viel … ehm, insgesamtlicher erleben. Ich möchte nicht kämpfen, weil ich es kann. Sondern wenn es nötig ist. Aber das lerne ich nicht bei einem Jedi, der so viel Lichtschwertkampf macht. Ich möchte das Leben schätzen lernen. Uns wird im Unterricht immer gesagt, dass es leichter ist, ein Leben zu nehmen, als eines zu verschonen. Ich möchte den Sinn dahinter verstehen.“
Marlinah sprach immer schneller, bis sie merkte, dass sich ihre Stimme beinahe überschlug. Während sie sprach, gestikulierte sie mit den Armen und Händen, die bernsteinfarbenen Augen leuchteten auf eine ganz besondere Weise.
„Ich möchte doch eine Jedi werden. Und Jedi sind Friedenshüter, keine Kampfmaschinen. Deswegen möchte ich lernen, den Frieden zu hüten. Und Frieden zu schließen. Aber das kann ich nicht ohne gute Anleitung. Der Kampf mit dem Lichtschwert fällt mir leicht. Da brauche ich doch nur eine grobe Richtung. Alles andere kann ich mir selber beibringen. Das fliegt mir nur so zu.“
Sie rang die Hände und blickte ihn hoffnungsvoll, beinahe flehend an. Hatten ihre Worte ihn überzeugen können? Wenn nicht, dann vielleicht das, was sie nun sagen wollte. Sie schloss einen Moment die Augen, um sich die beiden Fragen mit dem genauen Wortlaut wieder in Erinnerung zu rufen, die sie sich über Wochen hinweg so sorgsam zurecht gelegt hatte und die ihm zeigen sollten, dass sie sich durchaus Gedanken machte.
„Wollt Ihr mich ausbilden, Meister Alde? Wer, wenn nicht Ihr, wäre in der Lage, mich das zu lehren, worin ich mich so schwer tue?“