Es war ihr tiefer Ernst. Er hatte es gehofft und zugleich gefürchtet. Beides war falsch, doch er konnte jetzt nicht zu der Ruhe finden, die ihre Frage erforderte. Wie sollte er antworten?
"Marlinah, deine Frage ist eine große Ehre für mich, und ich danke dir für dein Vertrauen. Und ich bitte dich um dein Verständnis, wenn ich dir noch keine Antwort geben kann."
Ihr Gesicht war so enttäuscht, dass er bedauerte, es nicht besser ausgedrückt zu haben. Er ließ sich auf ein Knie nieder und sah ihr direkt in die Augen.
"Du wirst es gleich besser verstehen. Ich sagte dir ja vorhin, dass mein Meister hier ist, um die Ruhe des Tempels zu suchen. Es ist nicht nur das... er ist gekommen, um eine tiefere Ruhe zu finden."
"Noch mehr Ruhe als im Tempel? Aber wie..." Dann verstand sie. "Ihr meint... dass er sterben wird?"
"Ja, Marlinah. Er hat es schon eine ganze Weile gespürt. Nun ist es soweit." Er sah sie ruhig an. "Wenn du möchtest, kannst du mich zu ihm begleiten."
Sie erwiderte seinen Blick. Er lächelte, doch in dem Lächeln spürte sie Trauer. Sollten Jedi nicht frei von Gefühlen sein? Aber egal was man über Gelassenheit sagte, Abschied war Abschied, auch für einen Ritter... Zur Antwort nickte sie nur.
Sie gingen zusammen in das abgelegene kleine Zimmer, in dem Liren auf einem einfachen Bett lag. Sie schlossen die Tür, verneigten sich und traten zu ihm.
"Es-s ist gut", lächelte Bareg Liren, als er Marlinahs betrübten und etwas befangenen Blick bemerkte. Er sprach noch langsamer, als er es ohnehin schon immer getan hatte. "Ich bin mü-üde und schl-lafe nun - ich erwach-che."
Sie verstand die letzten Worte nicht ganz, doch eine andere Frage drängte sich vor. "Aber..." Sie zögerte weiterzusprechen, doch als Liren sie aus müden Augen freundlich ansah, brachen die Worte heraus. "Ich wollte Euch doch noch besser kennenlernen... Es tut weh, Meister Liren! Warum tut es weh, wenn es doch gut ist?"
"All-ler Schmer-rz ents-springt dem Qu-uell des Bege-ehrens. Bege-ehrst du nich-chts, gibt es kein-nen Schmer-rz."
"Gar nichts wünschen?" fragte sie zweifelnd. "Wie soll man das machen? Wir wünschen uns doch gute Dinge, ich meine, nicht nur für uns selbst... Frieden zum Beispiel, und Gerechtigkeit... Sollen wir das denn nicht?"
"Verpflich-chtet bis-st du diesen Ding-ngen, kleine Je-edi. Das is-st dein Weg, ob du es will-lst oder nich-cht. Aber soll-lst sie nicht bege-ehren. Nicht wün-nschen. Der Will-le des Tropf-fens ist nich-chts - die Weis-sheit des Re-egens, des Fluss-ses, des Mee-ers... ist all-les."
"Aber wenn ich nur ein Tropfen bin, was kann ich dann überhaupt machen?"
Er atmete einige Male durch, bevor er antwortete.
"Wenn der Tropf-fen in den Fluss fäll-lt, kleine Je-edi, hört er auf, ein Tropf-fen zu sein. Dann is-st er der Fluss, der See, das Mee-er. Kämpf-fe nicht gegen das Fall-len. Hoff-fe nicht. Fürch-chte nicht. Sei im Str-rom. Sei der Str-rom."
"Der Strom - sind das die Jedi?" fragte sie zaghaft.
"Die Je-edi, und viel-le mehr, und viel me-ehr als all-le zusamm-men. Das-s, was all-le verbin-ndet."
"Ich glaube, Ihr meint die Macht, Meister Liren... oder?"
Er nickte kaum spürbar, für mehr reichte seine Kraft nicht mehr. "Sie weiß-ß, was du tun muss-st. Brauch-chst keine Wünsch-sche. Vertr-raue dem Str-rom. Lass dich fall-len in den Str-rom... str-röme, kleine Je-edi."
Marlinah konnte nicht weitersprechen. Tränen traten in ihre Augen.
Jestocost hatte sich neben das Bett gekniet und nahm jetzt die Hand des alten Meisters. "Meister Palu", sagte er leise, "musst du wirklich gehen? Wir brauchen dich. Deinen Rat, deine Weitsicht. Das Gespräch mit dir. Den Trost, den wenige Worte von dir spenden können, wenn es dunkel wird."
"Die Galax-xis ist groß-ß, Aamaw", lächelte Liren. "und viel-le kluge und weise We-esen leben darin. Du fin-ndest wieder ein-nen, der das Lied des Tros-stes kennt. Aber viell-leicht muss-st du auch gar nich-cht sehr weit such-chen." Er sah Jestocost ruhig in die Augen.
"Wir ha-aben viel ges-sprochen. Du und ich-ch, wir waren Ges-spräch, Flüs-stern in den Bäum-men und Quell-len. Höre nich-cht auf zu lausch-schen, zu schw-weigen, zu spr-rechen."
Er verstummte und atmete flach und schnell. Seine Lebenskraft war fast geschwunden.
"Meister Palu, du weißt, was in meinen Gedanken ist... Ist es richtig?"
Mit leiser und leiser werdender Stimme antwortete der Ithorianer: "Vertraue dem Str-rom, der dich führ-rt. Fin-ndest du en-ndlich das Meer: Kein Rich-chtig... kein Falsch... Wir sehen uns wie-eder im Meer. Dann sind wir nich-cht Gesp-spräch - dann sind wir Gesan-ng."
Jestocost senkte den Kopf. Eines blieb noch, die letzte Pflicht des Freundes. Er sah wieder auf und fragte: "Wie möchtest du bestattet werden, Meister Palu?"
Liren lachte leise. "Wie du will-lst, Aamaw", antwortete er, "wenn du mich-ch fang-ngen kann-nst." Fast war ein sanftes Zwinkern in den uralten Augen zu ahnen.
Nach einigen Augenblicken des Schweigens fügte er hinzu, seine Stimme nur noch ein Flüstern: "Was die Mach-cht zulet-tzt schickt - Kam-mpf, Kran-nkheit, Al-lter - wir müss-ssen dan-nkbar sein. Es ist ein-ne gro-oße Gnade."
Dann schloss er die Augen. Noch ein, zweimal hob und senkte sich seine Brust, dann lag sein Körper still.