Ich weiß nicht, wie lange ich da still verharrte, aber sie gaben mir Zeit, mich zu entscheiden. Hätte ich sofort etwas tun müssen, ich hätte meiner Tante wohl den Vortritt gegeben. Nun aber gehe ich zu der Tür, hinter welcher er verschwand. Er, mein Vater. Das klingt irgendwie komisch.
Er sitzt an einem Tisch, welches vor dem Fenster steht. Sein Kopf ist so gedreht, dass es den Anschein erweckt, als würde er nach draussen gucken. Aber ich weiß, das er nirgendwohin guckt.
Erst als ich vor dem Tisch stehe, hebt er den Kopf und sieht mich an. „Bist du es wirklich … Sarinah?“
Seine Stimme zittert leicht, die Augen füllen sich mich Tränen und ich achte schnell darauf, dass ich das Schild verstärke, mit dem ich die Gefühle von Anderen abblocke.
„Ja. Sie haben mir keinen anderen Namen im Orden gegeben.“, antworte ich. Es sollte witzig klingen, aber ich glaube, das ist mir völlig misslungen.
Der Mann steht auf und bleibt einen Moment vor mir stehen. Ich gehe ihm bis zu den Schultern und muss aufschauen. „Möchtest du … etwas trinken?“
Ich nicke nur. Die Vorstellung, etwas in der Hand zu halten, worauf ich zuweilen meine Aufmerksamkeit lenken kann, tröstet mich.
„Etwas besonderes?“, fragt er.
„Ein Wasser reicht, danke.“ Schnell setze ich mich an die andere Seite vom Tisch, blicke hinaus und bin schier überwältigt von der Aussicht. Ob ich im Unterricht aufgepasst hätte, wenn der Tempel auf Tython nicht wäre, sondern der auf Coruscant neu erbaut worden wäre?
Erst als ich höre das ein Glas auf dem Tisch abgestellt wird, blicke ich wieder auf. „Danke.“
Mein Vater setzt sich wieder an seinen vorigen Platz, blickt mich an und räuspert sich dann. „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.“
Ich weiß, das ich nun lächeln sollte, oder jetzt noch mal versuchen, etwas witziges zu sagen. Aber das erscheint mir gerade unmöglich. „Einfach da, wo es passt. Der Rest kommt dann schon.“
Ob er merkt, dass ich vermeide ihn direkt anzusprechen? Soll ich ihn wirklich duzen? Ich weiß, er ist mein Vater. Rein biologisch zumindest. Wie hatte meine Tante ihre Mutter angesprochen?
„Ja, das ist auch nicht so ganz einfach. Aber … naja. Wie geht es dir?“
Ich greife nach dem Glas, trinke einen Schluck und denke über die Antwort nach. Ich sollte nun etwas mehr erzählen. Also sag ich einfach das erste, was mir einfällt, auch wenn ich weiß, dass ich dann oft Mist erzähle. „Ich fühle mich irgendwie fehl am Platz.“
Treffer, versenkt. Ich wusste doch, das ich mehr nachdenken sollte, bevor ich auf eine Frage antworte. „Ich mein, ich fühle mich fremd hier, kenne niemanden, ausser Meisterin Numa.“
„Das kann sich ändern.“, erwidert mein Vater. Ich sehe Hoffnung in seinen Augen schimmern.
„Ja, also … Klar, das wird sich auch ändern. Nur ich weiß nicht, wie lange ich dafür brauche.“
„Ich verstehe, was du meinst. Für mich war es auch immer schwer, wenn Marlinah zu ihrem Geburtstag kam und uns besuchte, mit uns feierte. Und wir wussten, das sie dann wieder in den Orden muss.“
„Aber es war besser als nichts … so wie bei mir, oder?“
Mein Vater schweigt eine Weile, starrt aus dem Fenster. Ich bin versucht, ein wenig nach seinen Gefühlen zu forschen, lasse es dann aber lieber. Das wäre irgendwie unfair, finde ich.
„Ich wusste nicht mal, ob du noch lebst.“, murmelte er leise.
Und wieder sagte ich das erste, was mir in den Sinn kam. „Meisterin Numa wusste immer, wie es mir geht. Wäre der Kontakt nie abgebrochen worden...“ Ich schließe schnell meinen Mund, aber es war schon zu spät. Das Gespräch entwickelte sich in eine Richtung, die ich nicht einschlagen wollte.
„Was geschehen ist, kann nun auch nicht mehr rückgängig gemacht werden.“, sagte ich nach einer Weile. Ich habe das Gefühl, mein Vater ist auf seinem Sitz angewurzelt, seit ich mit dem Vorschlaghammer zugehauen habe.