Kapitel 2
Cerea
mittlerer Rand
Mit schweissüberströmten Körper hastete Nadila seit Stunden über weite Grasebenen und kleine Wälder auf der nördlichen Halbkugel des abgelgenen Planeten.
Jeden Tag nach der Morgenmeditation stand dieses Ausdauer und Krafttrainning an , und das schon seit dem ersten Tag ihrer Ankunft auf dieser Welt.
Sie kämpfte gegen Seitenstiche und Erschöpfung an , der Zeitpunkt einer weiteren Meditationsübung war gekommen.
Trotz schmerzenden Muskeln und brennenden Lungen versuchte sie ihren Geist völlig von dem Martyrium ihres Körpers zu lösen.
Sie besiegte den Drang über die Belastung nachzudenken welche sie gerade an den völligen Rand der Erschöpfung trieb. Ihr Atem fand ohne das sie einen Gedanken daran verschwendete wieder einen gleichmässigen Rythmus.
Die ersten Wochen nach ihrer Ankunft auf dem Idyllischen Planten war sie an dieser Übung nahezu verzweifelt , doch ihr Ehrgeiz zwang sie weiter immer weiter an die Grenzen dessen zu gehen was sie selbst für machbar hielt , ja diese sogar zu durchbrechen.
Sie war ernster geworden , die Unbefangenheit die ihr noch als Jüngling zu eigen war machte dem Ernst ihres neuen Lebensabschnitt allmählich Platz , und auch wenn es seltsam erscheinen mochte , so genoss sie diese Wandlung insgeheim.
Die Meditation zeigte nun immer mehr ihre Wirkung. Der Schmerz wich aus ihrem Bewusstsein , die Atemnot und die Erschöpfung verschwanden. Sie war Eins mit allem was sie Umgab.
Teil des weiten blauen Himmels , der saftigen Wiesen , der Tiere ja des ganzen Universums.
Ohne es selber zu realisieren steigerte sie ihr Tempo , schien förmlich über den Untergrund zu fliegen.
Ihr Gedankenfokus lag nun völlig ruhig auf dem Ziel und nicht wie noch wenig zuvor auf dem Weg .
Ihr Herzschlag beruhigte sich , die Zeit verlor jede Bedeutung ausschliesslich das Ziel war noch wichtig.
Tiefe Zufriedenheit und Ruhe durströmte Nadila für den Rest ihres Weges.
Tarvin Yar'Om lächelte zufrieden, als er seinen Padawan beobachtete. Nadila war sehr eifrig bei der
Sache und die zwei Aufgaben, die er ihr gegeben hatte, verfolgte sie mit einer Hartnäckigkeit, die
ihn überraschte. Die erste dieser Aufgaben bestand darin, den Körper zu fordern und an seine
Grenzen zu bringen. Nadila sollte selber entscheiden, wie weit sie dabei gehen wollte. Es ging Tarvin
darum, dass das Mädchen lernte, ihre eigenen körperlichen Grenzen zu ertasten, ohne sich dabei in
Gefahr zu bringen.
Die zweite Aufgabe hatte mit der Annäherung an die Macht zu tun. Hier galt es behutsam vorzugehen.
Nadila sollte einfache Meditationsübungen machen, die sich immer auf ihr körperliches Empfinden wie
Schmerz, Atmung, Müdigkeit und noch etliches mehr bezog.
Tarvin liess seine Schülerin mehrere Wochen an diesen Aufgaben arbeiten und hielt sich mit Anregungen
oder Kritik zurück. Es war wichtig, dass Nadila in der Anfangszeit ihrer Ausbildung Vertrauen zu sich
selbst fand. Er hatte sie als schüchternes, ja sogar verzweifeltes Mädchen kennengelernt, das nicht
mehr daran glaubte, sich je auf den Weg eines Jedis begeben zu können.
Und wenn er sie heute vor sich sah, erfüllte ihn das mit grosser Freude. Sie war sehr aufgeweckt,
neugierig und willensstark. Seit ein paar Tagen strotzte sie vor Selbstvertrauen, das er aber schon
sehr bald auf eine schwierige Probe stellen musste.
Jeden Abend berichtete Nadila ihrem Meister über ihre Erfahrungen und Erlebnisse. So wusste Tarvin,
wenn es Zeit war, die nächste Hürde auf dem langen Weg zum Jedi-Ritter zu nehmen.
„Wenn du die Ehre hast, einen Padawan auszubilden, beachte vor allem dies: Setze den Massstab der
Anforderung nie wesentlich höher als das, was dein Padawan gerade noch vollbringen kann. Lass ihn
dabei über seine Grenzen gehen, zwei, drei Schritte nur - und dann rasch dieselben Schritte wieder
zurück. Wiederhole sie solange, bis dein Padawan dies mit Leichtigkeit vollbringt und er sich
seiner Sache sicher ist. Ist dies vollbracht, weite die Grenzen um weitere zwei oder drei Schritte
aus, bis schlussendlich dann der Weg zum Jedi-Ritter erfüllt ist, von den unzähligen Schritten eines
Padawan.“
Dieses Wissen hatte Tarvin von Meister Erpai erhalten und dieser von seinem Meister. So wurde es
weitergegeben von einer Jedi-Generation zur nächsten.
Doch wusste Tarvin auch, dass sich ein Padawan von jedem anderen unterschied. Was einer mit
Leichtigkeit schaffte, war für den anderen eine sehr grosse Herausforderung, an der er möglicherweise
scheitern konnte.
So konnte Tarvin zwar die Erfahrungen aus seiner eigenen Padawanzeit in die Waagschale werfen, aber
einzig ihnen zu folgen wäre ein grosser Fehler gewesen.
Waren es deshalb für Nadila die ersten Schritte ihrer Ausbildung, war es für Tarvin die Zeit des
Beobachtens und Abwägens. Er studierte Nadilas Bewegungen, wenn sie über einen Steinbrocken sprang.
Wenn sie sich duckte, schwimmend einen Fluss überquerte oder sich zur Meditation hinsetzte. Sie war
ein Mädchen und würde, was die körperliche Kraft betraf, einem gut ausgebildeten Krieger nicht das
Wasser reichen können. Doch sie besass etwas, das sie zu einer unberechenbaren und äusserst gefährlichen
Kämpferin machen würde: Sie war eine Twi'lek.
Bei diesem Volk waren die Frauen bekannt für ihre körperliche Geschmeidigkeit, ihre Schnelligkeit
und ihre Anmut. Und genau das war es, was Tarvin in der Ausbildung von Nadila berücksichtigen würde.
Eine Fähigkeit, die ihr bereits angeboren war. Mit Hilfe der Macht würde es ihr gelingen, jedem
noch so starken Hieb auszuweichen und jeder Hieb oder Stich, den sie mit dem Lichtschwert ausführen
würde, würde schneller sein als der Biss einer Wüstenschlange.
Eines Abends berichtete Nadila ihrem Meister voller Stolz und Eifer, dass sie nun eine gute
Möglichkeit gefunden hatte, selbst grosse körperliche Strapazen leicht zu überstehen.
„Ich konzentriere mich auf mein Ziel! Nur dieses existiert, wenn ich mich durch die Felder oder
Flüsse bewege. Auf diese Weise scheint mein Körper zu schweben und ich spüre die Anstrengung kaum."
Der Meister hörte ihr aufmerksam zu, und wusste, dass nun der Zeitpunkt gekommen war, seine
Schülerin auf den Weg der Jedi zu lenken.
Das waren die „zwei, drei Schritte zurück“ von denen Erpai einst gesprochen hatte.
„Du warst fleissig und hast viel gelernt, Nadila. Jeder militärische Ausbilder wäre stolz auf
dich und ich bin es auch.“ Tarvin machte eine kurze Pause. „... Doch es ist nicht der Weg eines Jedi.“
Entsetzt schaute Nadila auf. Die Enttäuschung stand ihr ins Gesicht geschrieben.
„Sei nicht enttäuscht, was du erfahren hast, musstest du erfahren. Es ist wichtig, dass du an
diesem Punkt angekommen bist. Er ist Teil deiner Ausbildung", fuhr Tarvin fort und beobachtete
seine Schülerin aufmerksam. Diese schüttelte nur den Kopf und verstand gar nichts mehr.
„Komm mit nach draussen, ich zeige es dir.“Meister Tarvin stand auf, wies einen Droiden an ihm zu folgen und verliess das kleine Haus,
in dem sie wohnten. Es war eine helle Sternennacht. Nadila war ihm zögernd gefolgt.
Als Nadila neben Meister Tarvin stand, zeigte dieser auf einen Baum, der in etwa hundert
Schritten Entfernung stand.
„Siehst du den Baum dort drüben? Versuche ihn zu erreichen, so schnell du kannst. Dieser
Droide hier, wird für dich ein visuelles Zeitsignal an die Hauswand projizieren. Du musst
innerhalb von 30 Sekunden am Baum und wieder zurück sein. Wende dabei deine Methode an,
dich auf das Ziel zu konzentrieren. Schaffst du das?“
Nun schaute Nadila auf und lächelte. „Natürlich Meister, es ist der kleinste Teil dessen,
was ich an Training jeden Tag bewältige.“
Der Meister nickte nur. „Also ... Los!“, rief er und hob die Hand. Der Droide gab ein
eindringliches „Piep-Piep“ von sich und Nadila rannte los. Sie war schnell wie der Wind
und als sie schon wieder auf dem Rückweg war erkannte sie das Zeitsignal an der Hauswand,
so wie Meister Tarvin gesagt hatte. Sie lag gut in der Zeit und würde den Meister noch
innerhalb der gesetzten Frist erreichen.
Zwanzig Schritte vor ihrem Ziel lachte sie freudig und rief: „Seht Ihr Meister, ich hatte reee...“
Weiter kam sie nicht, denn Tarvin hatte blitzschnell sein Lichtschwert vom Gürtel
genommen und es ihr, ohne die Lichtklinge zu aktivieren, zwischen die Füsse geworfen.
Nadila stolperte und landete unsanft auf dem Bauch. Dann rutschte sie noch ein halbes Dutzend
Schritte und kam schliesslich mehr als sieben Schritte vor dem Meister zum Stillstand.
Glücklicherweise bestand der Untergrund vor dem Haus aus dichtem Gras und war entsprechend nachgiebig.
„Piep-Piep“, gab der Droide lauthals bekannt und es klang wie Spott, doch das hörte Nadila schon
gar nicht mehr.
„Das ist ungerecht!“, schrie sie wütend. „Ihr seid ungerecht, Meister!“, doppelte sie nach, während
sie mit einer Faust auf den Boden schlug und sich mit der anderen im Gras festkrallte.
„Ja, das war in der Tat ungerecht, mein Padawan. Doch es ist ein geringeres Lehrgeld, das du heute
bezahlt hast, als wenn dir dasselbe Missgeschick in einem Kampf passiert. Dort würdest du es mit
deinem Leben bezahlen.“
Meister Tarvin schwieg für kurze Zeit und sagte dann mit gütiger aber bestimmter Stimme:
„Und nun steh auf, wir haben zu reden!“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ging ins Haus.
Einige Zeit später kam Nadila ebenfalls ins Haus und setzte sich zu ihm. Ihr Haupt war gesenkt.
Tarvin konnte nur erahnen, wie sehr er sie gekränkt hatte. Doch selbst dies geschah nicht ohne
Sinn und irgendwann würde sein Padawan gelernt haben, die schlimmsten Gefühle wie Angst und
Wut zu kontrollieren.
Ohne ein Wort zu sagen, goss der Meister Tee in einen Becher und reicht ihn Nadila.
„Trink diesen Tee! Er ist gut für Körper und Seele.“ Ohne aufzublicken, nahm Nadila den Becher
entgegen, trank aber nichts.
„Warum bist du hingefallen, mein Padawan?“
„Weil Ihr mir Euer Lichtschwert ...“ Nadila hielt inne. „... Weil ich nicht aufgepasst habe ...“, murmelte sie schliesslich.
„Und weshalb hast du nicht aufgepasst?“, Tarvin sprach ruhig.
„Ich dachte, ich hätte mein Ziel erreicht, das hat mich übermütig gemacht.“Tarvin nickte.
„Ziele, mein junger Padawan, sind eine Illusion. Sie machen uns glauben, dass wir von dem, was uns
umgibt, getrennt sind und es deshalb erreichen sollen.
Auf dem Weg zum Baum liegen Steine in der Grösse meiner Faust. Kannst du mir sagen, wie viele es sind?“
Nadila schüttelte traurig ihren Kopf.
„Vielleicht sind diese Steine gar keine Steine, sondern Minen, die es zu umgehen gilt, doch du konntest
sie nicht erkennen, weil du nur dein Ziel vor Augen hattest. Die Macht hätte dir helfen können, doch
sie kann nur in dir wirken, wenn dein Geist frei ist. Kannst du das verstehen, mein junger Padawan?“
„Ja, Meister, ich kann es verstehen ... Ausser, dass das Ziel eine Illusion sein soll ... Das verstehe
ich nicht ganz.“Tarvin nickte und überlegte kurz.
„Der Gedanke an ein Ziel ist der Gedanke an Zukunft. Du hast bereits beim Start an die Erreichung deines
Ziels gedacht und wie du es erreichen könntest. Das hat dich unvorsichtig und ehrgeizig gemacht, nicht wahr?.
Nadila nickte, „Ja, so ist es.“
"Eines Tages, wird vielleicht auch für dich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft EINS sein. Doch du, mein
Padawan, sollst im Hier und Jetzt leben, denn du stehst erst am Anfang deiner Ausbildung.“
Tarvin goss sich Tee nach und deutete Nadila, endlich auch etwas davon zu trinken.
„Viele der grossen Jedi-Meister beherrschen die Fähigkeit, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als eine
Einheit zu sehen. So können sie scheinbar in die Zukunft blicken, doch in Wahrheit ist alles dasselbe.
Auf diese Weise haben sie auch die Fähigkeiten Erschütterungen der Macht wahrzunehmen. Egal wie gross die
Distanz auch sein mag. Kannst du dir vorstellen weshalb?“
Nadila überlegte. „Nicht so ganz, Meister.“„Das wird deine nächste Aufgabe sein, mein Padawan. Versuche in der Meditation die Antwort darauf zu finden.“
Nadila schwieg und schien zu überlegen.
Und wie soll ich mein Training fortsetzen? Jetzt, da es kein Ziel mehr geben soll?
„Dein Ziel soll sein, im Hier und Jetzt zu leben. Wähle eine Strecke von hundert Schritten. Zieh deine Stiefel
aus und gehe diesen Weg. Versuche alles zu benennen, was du mit deinen Sinnen wahrnehmen kannst,
während du diesen Weg durchschreitest. Wenn du glaubst, dass dir das gut gelingt, schreite die Strecke
etwas schneller ab, immer darauf achtend, alles wahrzunehmen und zu benennen, was dir begegnet, was du
hörst, riechst, fühlst und was sich unter deinen Füssen befindet.
Wenn dir auch dies möglich ist, erhöhe das Tempo. In dieser Weise fährst du fort, bis es dir gelingt,
die Strecke in einem Sprint zu bewältigen. Diese Aufgabe mag dir unlösbar erscheinen, doch hab Vertrauen.
Wenn du sorgfältig und geduldig übst, mein Padawan, wird sich die Macht schon sehr
bald deiner annehmen. Sie wird dich durchströmen und durch alle Gefahren leiten.“, Tarvin lächelte ihr
aufmunternd zu.
„Doch nun solltest du schlafen gehen. Es ist schon spät und morgen wartet ein aufregender und
anstrengender Tag auf dich.“
Sanft fast katzenhaft schritt Nadila die Linie der hundert Schritte ab. Ihre Sinne waren geschärft um alles um sie herum zu regestrieren und sich zu merken.
Das kühle Gras unter ihren nackten Fußsohlen , der sanfte Wind der ihr ins Gesicht blies , die Geräusche die von allen Seiten leise an ihre Ohren drangen , einfach alles nahm sie mit äusserster Sorgfalt in sich auf .
Das was sie dabei am schwierigsten empfand war es sich das alles zu merken und später wieder zu geben ohne etwas zu vergessen.
Seit einigen tagen hatte sie sich dieser Übung bereits gewidmet , ihr Tempo hatte sich bereits unverkennbar gesteigert und auch die Wahrnehmung war bereits merklich gesteigert worden
Fast gelang es ihr einige Teile der Strecke mit geschlossenen Augen zu absolvieren , in diesen Momenten fühlte sie sich völlig eins mit allem um sie herum.
Sie spürte völligen Einklang und Harmonie mit sich und dem Universum. Sie war Teil des ganzen Teil eines Großem dessen gasammten Umfang sie nicht einmal erahnen konnte und auch nicht musste um zu wissen das es richtig war.
In Nadila reifte die Erkenntnis das das Ziel das es zu erreichen galt immer am Ende vieler kleiner Reisen stand in der eine einzige Reise allein der nächste Schritt war.
Nur wer die Gegenwart völlig erkennen konnte war in der Lage auch die Vergangenheit und die Zukunft zu sehen.
Alles war Eins.
Verbunden durch ein unsichtbares Band welches dieses unvorstellbare Gebilde in einem harmonischen Einklang hielt
Ein Gebilde das starr zu sein schien und dennoch in ständiger Bewegung war..
Frieden und Harmonie so erkannte sie waren der Quell unglaublicher Kraft und Weiheit.
In Nadila wuchs die Zuversicht das ein geworfener Gegenstand sie so schnell nicht mehr ins straucheln bringen würde.
Die Zeit war gekommen, dass Tarvin Yar'Om von Nadila die drei Prüfungen einforderte, die jeder
Jüngling abzulegen hatte, wollte er sich in die Obhut eines Meisters begeben. Es gab Jedi-Meister,
die das Erfüllen dieser drei Prüfungen zur Voraussetzung machten, bevor sie überhaupt einen
Jüngling als Padawan zu sich nahmen.
Tarvin Yar'Om stand dieser Haltung eher skeptisch gegenüber. Er war der Ansicht, dass es andere,
bessere Wege gab, sich ein Bild über die Eignung eines zukünftigen Schülers zu machen.
Und dennoch: Tarvin war ein Jedi und dem Orden und seinen Traditionen verpflichtet. Er würde von
Nadila die Prüfungen abverlangen, das stand ausser Frage, doch er sah sie bereits als Teil der Ausbildung und nicht als Voraussetzung.
Für Tarvin Yar'Om war ein Padawan ein „Garten der Macht“. Gute, fruchtbare Erde, in der die
Macht zum Blühen gebracht werden konnte. Ebenso war es das Geschick des Gärtners, die Erde,
die er in diesem Garten vorfand, mit viel Sorgfalt und Geduld nutzbar zu machen.
Als Erstes würde er Nadila über den Jedi-Kodex befragen. Die Jünglinge mussten ihn auswendig lernen,
auch wenn sie seine Bedeutung nicht einmal im Ansatz verstehen konnten.
Die zweite Aufgabe bestand darin ein Lichtschwert zu bauen. Der Sinn dieser Aufgabe bestand darin,
dem Padawan das Verhältnis eines Jedi zu seinem Schwert nahe zu bringen. Es ging dabei weit
mehr, als um den Bau einer Waffe. Es war das Schaffen einer Verbindung zwischen dem zukünftigen Jedi mit seiner Waffe.
Es war aber die dritte Aufgabe, die für einen Padawan am schwierigsten zu bewältigen war. Ein Padawan
musste beweisen, dass die Macht stark in ihm ist und er somit in der Lage, die Anforderungen, die an
einen Jedi gestellt werden, zu erfüllen.
So kam schon bald der Tag, an dem Meister Tarvin seinem Padawan die erste Prüfung vorlegte und
Nadila nach dem Jedi-Kodex befragte.
Wie sie es gelernt hatte, rezitierte Nadila den Kodex in Tarvins Anwesenheit.
Gefühle gibt es nicht,
Frieden gibt es.
Unwissenheit gibt es nicht,
Wissen gibt es.
Leidenschaft gibt es nicht,
Gelassenheit gibt es.
Tod gibt es nicht,
Die Macht gibt es.
Nachdem Nadila geendet hat, nickt der Meister zufrieden.
"Was weisst du sonst noch über den Jedi-Kodex? Was sagt er dir?
Es würde mir zum Anfang genügen, wenn du mir etwas über die ersten zwei Zeilen sagen könntest."
Der Meister lächelt seiner Schülerin aufmunternd zu.
Nadila musste nicht lange überlegen um eine Antwort geben zu können. Oft hatte sie bei den
Jünglingen über den Kodex philosophieren und über die Worte meditieren müssen.
"Unsere Machtsensivität macht uns in gewisser Weise zum Werkzeug der Macht. Wir sind durch sie
meistens mächtiger als andere, woraus grosse Verantwortung erwächst. Wir sehen mehr als andere
und verstehen deshalb auch mehr Zusammenhänge, Meister.
Das verpflichtet uns die Schwachen zu schützen und das erreicht man am besten durch Frieden.
Frieden ist Harmonie und aus Harmonie erwächst Macht. Als Werkzeuge der Macht ist es also
unsere Aufgabe alles im Gleichgewicht zu halten."
Sie sah ihren Meister forschend an, ob dieser zufrieden mit der Antwort war. Insgeheim jedoch
fürchtete sie er würde nachhaken.
"Wie ich sehe, mein Padawan, hast du schon viel über diese Dinge nachgedacht. Du hast die Grundlage
der Macht erkannt und was sie bewirken kann." Tarvin nickte zufrieden und lächelte dabei.
"Doch sag mir eines. Weshalb soll es Gefühle nicht geben, Frieden jedoch schon? Sind es nicht unsere
Gefühle, die uns gemeinsam mit unserem Verstand und der Macht leiten? Ist nicht sogar die Macht
sehr oft nichts weiter als ein Gefühl?"
Tarvin wusste, dass Nadila noch zu jung war, um diese Fragen vollumfassend beantworten zu können.
Doch er wusste auch, dass die Art und Weise, wie Nadila argumentieren würde, ihm einen wichtigen
Hinweis darüber gab, wie sehr sie sich mit diesen Fragen beschäftigte. Hier war nicht das Richtig oder
Falsch massgebend, sondern die Auseinandersetzung mit dem Kodex. Warum also sollte Tarvin von seiner
Schülerin Antworten auf Fragen fordern, die nicht einmal die Jedi-Ritter wussten?
Die junge Twi'lek überlegt kurz um sich die Worte passend zurecht zu legen und formulierte schliesslich ihre Antwort.
"Gefühle an sich sind nichts Schlimmes, doch sind sie wechselhaft. Ein Gefühl wie Stolz auf etwas zu
sein bedeutet unter Umständen es nicht gehen lassen zu können. Man bindet sich an etwas und daraus
kann die Angst vor Verlust erwachsen. Angst wiederum kann Hass hervorrufen, der zu Leid führt.
Beschreitet man diesen Weg, beschreitet man den Weg der Sith."
Nadila sah Meister Tarvin von unten herrauf an.
"War das richtig, Meister?"
"Deine Antwort beinhaltet mehr, als ich zu erwarten hoffte. Sie zeigt mir erneut, dass du viel über
diese Dinge nachdenkst." Tarvin nickte abermals.
"Denke immer daran, mein Padawan, Gefühle sind der Antrieb, der uns bewegt. Gedanken und
Vernunft machen uns die Welt begreiflich, doch es sind die Gefühle, die uns zum Handeln bringen.
Haben wir ein Gefühl von Durst, trinken wir. Sind wir hungrig, essen wir. Sind wir gekränkt, ziehen wir
uns zurück. Verspüren wir Mut, kämpfen wir. Hassen wir, so töten wir.“
Tarvin machte eine Pause und betrachtete aufmerksam die Reaktion seiner Schülerin auf diese Worte.
Nadila hatte ihren Kopf gesenkt und schien zu überlegen. Dann schaute sie plötzlich auf und rief:
"Jetzt verstehe ich!"
Tarvin zog überrascht seine Augenbrauen hoch. "Dann lass hören, junger Padawan. Schildere mir deine Einsichten!" Er lächelte.
"Gefühle leiten unser Tun, doch sie können uns auch in die Irre führen. Sie können sogar bewirken,
dass wir ihre Gefangenen werden. Geschieht dies, kann die Macht nicht in uns fliessen, denn sie
kommt auf diese Weise zum Stillstand. Deshalb ist der innere Friede so wichtig, damit wir uns mit der
Macht verbinden können!"
Meister Tarvin nickte anerkennend. "Genau so ist es, Nadila. Für einen Jedi sind also die ersten beiden
Zeilen unseres Kodex' das Zugangstor zur Macht. Deshalb stehen sie ganz am Anfang. Wer nicht bereit
ist dieses Tor zu durchschreiten, wird niemals den Weg eines Jedi gehen können."
Nadila lauschte aufmerksam den Worten ihres Meisters. Noch nie hatte er mit ihr über den Kodex gesprochen,
noch nie über Gefühle und welche Bedeutung diese hatten und dennoch - all diese Gedanken waren ihr
so vertraut, als hätte sie nie ohne dieses Wissen gelebt.
"Wir müssen loslassen, damit die Macht in uns wirken kann", sagte sie nach einer Weile leise,
mehr zu sich selbst und blickte zu ihrem Meister auf. "Ist es nicht so, Meister?"
"Du hast soeben deine erste Prüfung zum Padawan bestanden", antwortete Tarvin Yar'Om
stattdessen und ging lächelnd davon.
Tarvin Yar'Om hatte Nadila erklärt, dass es nun Zeit für die zweite Prüfung sei. Nach alter Tradition der Jedi bekam ein Padawan die Aufgabe gestellt, selbständig ein Schwert - sein Schwert - ohne die Mithilfe seines Meisters zu bauen. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, mussten sich Meister und Padawan seit jeher auf den Planeten Ilum begeben.
Der Planet war reich an adeganischen Kristallen. Jene Kristalle also, die für den Bau des Schwertes unabdingbar waren. In der Zitadelle von Ilum befanden sich deshalb Werkstätten, die von den Padawanen für ihre Prüfung benutzt wurden. Aus welchen Komponenten ein Lichtschwert bestand, wurde den Jüngern der Jedi schon früh in den Jünglingsjahren auf Coruscant beigebracht. Man hätte nun annehmen können, dass diese Prüfung deshalb eine einfache Sache sei, doch dem war nicht so. In den Händen eines Unerfahrenen waren die Kristalle bei jedweder Manipulation eine tödliche Gefahr. Die Jedi aber, verfügten über das Wissen, die Kraft der Kristalle zu kontrollieren, die sich bereits während des Schwertbaus entfalten konnte.
Der Padawan musste einen Kristall finden, der genau auf der Schwingungsebene seines zukünftigen Besitzers lag. Näherte er sich dem richtigen Kristall, begann dieser schwach zu leuchten und der Jedischüler fühlte die Schwingungen der Macht in seinem Körper und seinem Geist. Die Padawane berichteten davon, dass es wie ein Dialog sei, näherte man sich „seinem“ Kristall. Viele erzählten auch, dass nicht sie den geheimnisvollen adeganischen Kristall gefunden hätten, sondern der Kristall den Padawan.
Tarvin Yar'Om hatte Nadila schon Wochen vor der eigentlichen Prüfung angewiesen, sich nun verstärkt den Einflüssen der Macht hinzugeben und zu meditieren.
„Such dir einen Ort in der Abgeschiedenheit, an dem Wasser fliesst!“, hatte er gesagt. „Merke dir, mein Padawan, die Macht ist stark an Flüssen und besonders in unmittelbarer Nähe von Wasserfällen.“
„So wie damals, am Wasserfall auf Tython?“ Sie lächelte. Erinnerungen kamen auf.
„... Und ich hatte nur diese Lilie im Kopf.“
„Ja, so wie damals ...“ Tarvin lächelte zurück. „Heute würdest du wohl ein wenig anders verfahren, mit dieser Aufgabe. Nicht wahr?“
Nadila seufzte. „Ja, das würde ich“. Dann sah sie zu ihrem Meister auf und tiefe Dankbarkeit leuchtete in ihren Augen.
Einige Stunden später hatte sie sich auf den Weg gemacht, um einen geeigneten Platz für ihre Meditation zu finden. Jeden Morgen kehrte sie dorthin zurück und kam erst spät abends wieder nach Hause.
So ging das zwanzig Tage lang, doch am einundzwanzigsten hielt Tarvin Yar'Om sie zurück.
„Bist du bereit?“, fragte er sie. Sein Blick war ernst, die Stimme leise.
"Ich habe ein Kurierschiff gefunden, das uns nach Ilum bringt."
„Ja, ich bin bereit, Meister ... Ich bin bereit!“ Nadila atmete tief durch. Der Tag der Prüfung war nun zum Greifen nah.
„Dann lass uns noch heute abreisen. Ilum ist weit entfernt, in einem Teil der Galaxis, den man 'Unbekannte Regionen' nennt.“
Auf Ilum
Sehr viele Stunden später, Nadila war es wie eine Ewigkeit vorgekommen, schwenkte das Handelsschiff, mit dem sie gereist waren, in den Orbit von Ilum ein. Erst einmal auf dem kalten und unfreundlichen Planeten gelandet, würden sie ohne fremde Hilfe weiterreisen müssen. Denn der Ort der Zitadelle war geheim, genau so wie die Kristall-Höhlen, die an verborgenen Orten in grossem Umkreis der Zitadelle zu finden waren.
Als Tarvin Yar'Om und Nadila Lanaa nach einer langen Wanderung durch Eis und Schnee, müde und gepeinigt von Schneestürmen endlich die Zitadelle erblickten, hielt der Jedi-Meister inne.
„Hier trennen sich unsere Wege, mein Padawan. Für nicht allzu lange Zeit, so hoffe ich.“
„Ich werde dort auf dich warten." Er zeigte zu der Zitadelle.
„Du aber, musst nun eine der Kristall-Höhlen aufsuchen und deinen Kristall finden. Gib dich der Macht hin. So wird sie dich sicher leiten.“
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, trennte sich Tarvin von seiner Schülerin und begab sich auf das letzte Stück des Weges, der ihn in die Zitadelle führen würde.
Viele Stunden später
Das Innentor der Zitadelle öffnete sich, Nadila schritt hindurch. Dann durch ein weiteres Tor, das in den Innenbereich führte. Nadila würde bald in den Räumen stehen, wo Meister Tarvin auf sie wartete. Sicheren Schrittes ging sie durch die langen Gänge und Türen an den Ort, an dem sich ihr Meister aufhielt. Sie konnte seine Anwesenheit fühlen, so wie sie den Kristall fühlen konnte, den sie wie einen Teil ihrer selbst mit sich trug.
Als sie vor ihm stand, blickte sie müde aber glücklich in die vertrauten Augen ihres Meisters.
„Ich habe meinen Kristall gefunden, so, wie er mich gefunden hat. Der Bau des Schwertes kann beginnen.“Obwohl sie sehr müde war, wusste sie, dass sie nicht ausruhen durfte. Solange nicht, bis die Prüfung bestanden oder gescheitert war.
Tarvin nickte nur und führte sie an einen der grossen Tische in dem von Fackeln erhellten Raum.
Da lagen Gegenstände und Werkzeuge. Nadila erkannte sofort, dass es sich um die Lichtschwertkomponenten handelte, die sie Wochen zuvor unter der Anleitung des Meisters fertiggestellt hatte. Der Bau dieser Komponenten hatte viele Stunden in Anspruch genommen und Nadila konnte kaum glauben, dass sie nun kurz davor stand, sie zusammen mit dem Kristall in ein Lichtschwert – ihr Lichtschwert – zu verwandeln.
Nadila atmete tief durch und schloss die Augen. In Gedanken ging sie nochmals alle Schritte durch, die nötig waren, ihr Werk zu vollenden.
Tarvin ging mehrere Schritte zurück. Sein Padawan war nun ein weiteres Mal auf sich allein gestellt. Ihr stand nun der schwierigste Abschnitt der zweiten Prüfung bevor.
Auf einmal waren aus dem Mund des jungen Twi'lek-Mädchens jene Worte zu hören, die unzählige Padawane vor ihr schon gesprochen hatten:
„Der Kristall ist das Herz der Klinge.
Das Herz ist der Kristall eines Jedi.
Der Jedi ist der Kristall der Macht.
Die Macht ist die Klinge des Herzens.
Alles ist miteinander verflochten.
Der Kristall, die Klinge, der Jedi.
Ihr seid eins.“
Wie ein Gebet drangen diese Worte immer und immer wieder leise durch den Raum und hallten ebenso leise zurück, während Nadila eine Komponente nach der anderen zusammensetzte. Beim Einbau des Kristalls hielt sie inne und zögerte. Ihre Hände zitterten leicht, kamen aber gleich wieder zur Ruhe und setzten die Arbeit fort. Die Zeit verging und schien dennoch stillzustehen. Und dann lag es vor ihr: ihr erstes, eigenes Lichtschwert.
Nadila schloss ihre müden Augen und atmete tief durch. Vergessen war auf einmal die endlos scheinende Mühsal, die Kälte, die Schmerzen und auch die bangen Momente, in denen sie nicht wusste, ob der Kristall sie zerreissen würde, noch bevor er sicher im Schwert eingebaut war.
Nadila nahm das Schwert in beide Hände und begutachtete es ein letztes Mal. Sie wollte sich umdrehen, wollte die Verriegelung öffnen, welche die Klinge freigab. Wollte ihrem Meister sagen, dass ihre Arbeit beendet sei.
Doch da sah sie aus ihren Augenwinkeln, wie eine blaue Lichtklinge die Luft durchschnitt und auf sie zuraste. Die Klinge des Meister würde sie durchtrennen und auf der Stelle töten, dachte sie noch, doch da kam das Schwert des Meisters mit einem lauten Aufschrei zum Stillstand.
Nadila schaute fassungslos und konnte nicht glauben, was sie gerade sah:
Sie hatte ihr eigenes Schwert im Bruchteil einer Sekunde gezogen, die Klinge aktiviert und den Schwerthieb ihres Meisters geblockt.
„Fühlst du die Macht, die dein Schwert durchströmt und in deinen Geist und in deinen Körper übergeht? Fühlst du auch, wie die Macht deinen Körper dann wieder verlässt und durch deinen Arm in das Schwert zurückfliesst?“, schrie Tarvin und seine Stimme vermischte sich mit dem gefährlichen Brummen der beiden Schwerter.
„Ja, Meister, ich fühle es ...“ Nadilas Stimme klang aufgeregt und ungläubig zugleich. Mehr konnte sie nicht sagen, denn Tarvin holte ein zweites Mal aus und schlug zu, doch wieder blockte sein Padawan den Schlag ab.
„Was tust du, damit meine Schwerthiebe dich nicht erreichen?“, rief Tarvin und schlug ein drittes mal zu.
„Ich weiss es nicht, Meister, es geschieht einfach ... Ich kann es nicht erklären.“
„Es ist so, ja“, langsam senkte Tarvin sein Schwert. „... weil du dich der Macht hingegeben hast.“Seine Stimme klang wieder ruhig und einen Augenblick später war die blaue Lichtklinge verschwunden. Nadila tat es ihm gleich und starrte immer noch ungläubig auf ihre neue Waffe.
„Und wieder hast du eine Prüfung bestanden, mein Padawan“, Tarvin lächelte und deutete eine Verbeugung an.
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Nadila« (28. August 2011, 13:35)