Nicht zu berichten ist kein Betrug.
Oh doch. Wie gesagt, wenn ein Hersteller wissentlich ganz entscheidende Mängel seiner Produkte verschweigt, dann kann der sich damit richtig gerichtlichen Ärger einhandeln. Eben, weil es Betrug ist. Und als Regierung den Menschen Informationen über Regierungsentscheidungen vorzuenthalten, weil sie befürchten, ansonsten nicht mehr gewählt zu werden, ist ebenfalls Betrug.
Die Nachrichten sind vorhanden. Du musst nur selbst aktiv werden und nicht darauf vertrauen, dass andere für Dich eine befriedigende Auswahl treffen. Demokratie lebt auch vom Mitmachen, vom Interessieren.
Augenwischerei. Wenn Nachrichten nicht in Landessprache vorliegen, dann liegen sie für einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung schlicht gar nicht vor. Du gibst an, Dich in englischsprachigen Medien zu informieren. Das ist schön für Dich, doch nicht wirklich jeder kann englisch in ausreichendem Maße. Ein Großteil der hiesigen Bevölkerung braucht englisch lediglich für den bestandenen Schulabschluß, und dann ihr Leben lang nie wieder, und verlernen es infolgedessen auch wieder. Viele, die im Beruf englisch brauchen, verfügen lediglich über ein sehr spezialisiertes Wirtschaftsenglisch, das aber oftmals nicht einmal dafür ausreicht, simple Youtubevideos in Allgemeinenglisch zu verstehen. Und dann gibt es auch noch immer die Menschen, die niemals englisch in der Schule hatten, sondern russisch. Müssen die sich dann in russischen Medien über deutsche Innenpolitik informieren? Das ganze läßt sich auch beliebig weiterspinnen. Angenommen, englischsprachige Medien würden auch beschließen, über bestimmte Dinge einfach nicht mehr zu berichten. Müssen wir dann französisch lernen? Spanisch? Italienisch? Wie weit geht denn da die Pflicht, sich selbst darum zu kümmern, an relevante Informationen zu kommen? Angenommen, bestimmte Nachrichten seien nur noch in Suaheli oder Mandarin verfügbar?
Es ist schlicht ein unzumutbarer Zustand, daß man, um sich wirklich über die Ereignisse in aller Welt und vor allem auch bei uns zuhause umfassend zu informieren, im Prinzip täglich dreißig Zeitungen in zehn verschiedenen Sprachen lesen müßte. Wenn bestimmte Informationen nicht in Landessprache in einheimischen Medien vorliegen, ohne die Notwendigkeit, auf ausländische Medien zurückgreifen zu müssen, dann ist die in einer Demokratie (die es wert ist, als solche bezeichnet zu werden) geltende Informationspflicht der Herrschenden den Beherrschten gegenüber schlicht nicht erfüllt. Tatsache ist, daß uns ganz bewußt Dinge verschwiegen werden, die wir nicht wissen sollen. Weil die Herrscher ganz genau wissen, daß es nicht in ihrem Interesse ist, daß wir diese Dinge wissen, da diese Dinge nämlich nicht in unserem Interesse sind, und es somit für die Herrscher schädlich wäre, wenn wir diese Dinge wissen. Also wenn sie in der breiten Masse ankommen. Wenn die paar Prozent, die tatsächlich einen erhöhten Aufwand betreiben, um sich zu informieren, darüber bescheidwissen, ist das egal. Gefährlich wird es für die Herrscher erst dann, wenn das eine große Mehrheit wird, und das wird mit der gegebenen Informationspolitik effektiv verhindert.
Ich bleibe dabei, zu sagen, daß die Pflicht, sich zu informieren, genau so weit geht, daß man sich aktiv in einheimischen Medien in einheimischer Sprache informiert. (Jegliches Engagement darüber hinaus ist schön und gut, sollte aber nicht, so wie es bei uns leider der Fall ist, zwingende Voraussetzung dafür sein, informationell nicht abgehängt zu werden.) Daß so sämtliche relevanten Informationen vorliegen, daß ist die Informationspflicht der einheimischen Medien bzw. die Pflicht der einheimischen Regierung, sicherzustellen, daß alle relevanten Informationen in einheimischen Medien in einheimischer Sprache vorliegen.
Wofür zahlen wir dann GEZ-Gebühren? Laut BGH-Urteil zur Begründung der Berechtigung dieser Gebühren soll den öffentlich-rechlichen Rundfunkanstalten ermöglicht werden, "ohne den Druck zu Marktgewinnen die Wirklichkeit unverzerrt darzustellen, das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu stellen und professionell die Vielfalt der Meinungen abzubilden".
Tjoa. Es soll ermöglicht werden. Ermöglicht ist es sicherlich, daran kann kein ernsthafter Zweifel bestehen. (Unter rein finanziellem Aspekt betrachtet.) Nur, diese Möglichkeit wird nicht auch entsprechend genutzt, und das in ganz gezielter Absicht. Die öffentlich-rechtlichen sind letztendlich die Haus- und Hofberichterstattung der Regierung, denn sie arbeiten im Auftrag der Regierung und werden von der Regierung bezahlt, und wenn die Regierung gewisse Themen kleinhalten möchte, dann tun die öffentlich-rechtlichen das. Ein schönes und beliebtes Beispiel dafür ist die Mehrwertsteuererhöhnung 2007, die 2006, während der laufenden Fußballweltmeisterschaft in Deutschland beschlossen wurde, während der Pöbel in ausgelassener Stimmung im Weltmeisterschaftstaumel schön abgelenkt war, die Medien lang und breit über jedes noch so nebensächliche Detail des privaten Lebens der Fußballspieler und ihrer Ehefrauen berichteten, als wäre das alles in irgendeiner Weise für uns von Bedeutung, während der Beschluß der Mehrwertsteuererhöhung, der uns alle wesentlich mehr betrifft, allenfalls als Randnotiz nebenbei erwähnt wurde.
Da stimmt einfach die Gewichtung nicht. Das ganze hätte genau umgekehrt sein müssen. Bericht über die Weltmeisterschaft so nebenher, weil tatsächlich eigentlich vollkommen irrelevant, und stattdessen lang und breit über den Beschluß der Mehrwertsteuererhöhung berichten, über das Warum und Wieso, weshalb die Beschließenden der Ansicht sind, daß das unbedingt notwendig sei, und ob es nicht vielleicht auch Alternativen dazu gegeben hätte, um anderweitig mehr Geld ins Staatssäckel zu schaufeln. Vielleicht mal wieder bei den Rauchern ins Säckel greifen, oder über die Diesel-/Benzinbesteuerung den Autofahrern. Oder eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Und auch über die Sinnhaftigkeit dieser Alternativen. (Nicht alles, was auf den ersten Blick mehr Steuereinnahmem verspricht, funktioniert am Ende auch so wie geplant.)
Der schlechte Witz an den Zwangsabgaben ist noch, daß damit nicht etwa im Interesse derer berichtet wird, denen dafür das Geld aus der Tasche gezogen wird, sondern daß die Bürger damit lediglich die Propagandaorgane der Regierung finanzieren. "Wessen Brot ich eß, dessen Lied ich sing" heißt es. Aber obwohl es unser Brot ist, das gegessen wird, ist es nicht unser Lied, das gesungen wird. Und das liegt daran, daß wir keinerlei Verfügungsgewalt über unser Brot haben, sondern die Regierung bestimmt, wie dieses Brot verwendet wird. Es müßte so sein, daß es zwar eine Zwangsabgabe für öffentlich-rechtliche Medien gibt, da sonst die meisten ihr Geld schlicht behalten würden, und Berichterstattung gar nicht mehr sinnvoll möglich wäre. Aber daß es gleichzeitig eine ganze Reihe von öffentlich-rechtlichen Medien gibt, und jeder Bürger selbst frei darüber entscheiden kann, welche dieser öffentlich-rechtlichen Medien seine Beiträge zur Verfügung gestellt bekommt.
Aber holla, dann wäre etwas los in Deutschland! Wenn sich auch mal die sozial Abgehängten über ihre Beiträge Gehör verschaffen könnten. Statt daß ständig immer nur über sie bestimmt wird, von Leuten, die nie in ihrer Situation waren, die sich da in keinster Weise hineinversetzen können, und daß über sie immer nur von Leuten berichtet wird, die nie in ihrer Situation waren, die sich da in keinster Weise hineinversetzen können. Die aus Frustration schon gar nicht mehr wählen gehen, weil sie, egal, was sie in der Vergangenheit gewählt haben, immer nur auf den Deckel bekamen, scheißegal, ob das nun CDU/CSU war, SPD, FDP oder Grüne. Die schlimmstenfalls aus Protest gegenüber den alteingesessenen Parteien das schlimmste aller Übel, die AFD, wählen.
In einer echten, fairen Demokratie wäre die Zusammensetzung des Bundestags bzw. auch des Bundesrats und der Landtage ein Abbild des gesamten Staatsvolks. In der Realität sitzen dort praktisch ausschließlich Vertreter der zahlenmäßig bei weitem kleinsten Bevölkerungsschicht, nämlich Besserverdienende, die Politik für Besserverdienende machen. Die mittelmäßig, gering oder gar nicht Verdienenden werden kleingehalten, so weit es nur geht, damit am Ende für die Besserverdienenden mehr überbleibt. Und weil kein vernünftiger Mensch eine Regierung wählen würde, die gegen dessen Interessen regiert, wird dem Volk über die öffentlich-rechtlichen Medien eingetrichtert, daß ihre Entscheidungen in derem besten Interesse sei. Wo sind all die vielen Mittel- und Geringverdiener in der Politik? Wo die Aufstocker, die trotz Vollzeitjob noch von der Sozialhilfe abhängig sind? Die Arbeitslosen? Bestenfalls schaffen sie es in die lokale Kommunalpolitik. Alles darüber hinaus wird ihnen vom bestehenden System - also systematisch - verwehrt. Es geht nichts ohne Parteien. Und die Parteien schauen schon zu, daß die vorderen Listenplätze mit entsprechend ausgewählten Personen besetzt sind. Da kommen Geringverdiener oder gar Arbeitslose ganz sicherlich niemals hinein. Frauenquote in Parteien kann man machen. So lange die nur zu den Besserverdienenden gehören, ist alles paletti. Eine Arbeitslosenquote hingegen wird man ganz sicherlich niemals finden. Denn die sollen niemals eine ernsthafte Chance bekommen, an der Regierung des Landes mitzuwirken. Über sie wird entschieden. Und im Regelfall sind diese Entscheidungen nicht in ihrem Sinne, nicht zu ihrem Wohl. Es ist ihr systematisch zugedachtes Schicksal, Ihr Leben lang elendiglich vor sich hin zu krepieren, bis der Tod sie schließlich von ihrem jämmerlichen Dasein erlöst.
Artikel 1, Absatz 1 des deutschen Grundgesetzes lautet:
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Soweit die Theorie. Die Realität sieht anders aus:
Die Würde zahlloser Menschen wird systematisch mit Füßen im Staub zertreten. Und das erbärmlichste an unserer Gesellschaft ist noch, daß dabei eine große Mehrheit mitmacht. So lange man (noch!) nicht selbst davon betroffen ist, sagen viele, die Arbeitslosen seien doch selbst schuld, die müßten doch einfach nur mal den Arsch hochkriegen und sich so richtig Mühe geben. (Solche Sprüche habe ich übrigens auch schon hier im Forum von dem einen oder anderen gelesen.) Tatsache ist, die meisten dieser Menschen wollen arbeiten. Sie wollen herzlich gerne produktiver Bestandteil der Gesellschaft sein, statt der Gesellschaft auf der Tasche zu liegen. Das fühlt sich für die meisten Menschen beschissen an, auf Kosten der Allgemeinheit leben zu müssen, statt seinen Teil zur Allgemeinheit beitragen zu können. Aber ein Mensch will auch von seiner Hände Arbeit leben können. Auf eine Arbeit, die so schlecht bezahlt ist, daß ich, obwohl ich mir den Buckel krumm schufte, trotzdem noch auf staatliche Unterstützung angewiesen bin, hätte ich persönlich auch keine Lust. Und da stehe ich voll und ganz hinter jedem, der da sagt: "Das mache ich nicht mit."
Hier müßte man ansetzen, indem man schlicht die finanziellen Anreize, solche Arbeit anzunehmen, erhöht. Jemand, der einen Putzjob macht, der tagtäglich mit aggressivsten Putzmitteln hantiert, der sich damit langfristig die Gesundheit ruiniert, jemand, der in der Altenpflege tätig ist, was teils eine schwerste körperliche Belastung mit sich bringt, so jemand hat mehr verdient als einen Hungerlohn, von dem er nicht leben kann, und infolgedessen eine Rente, die erst recht nicht zum Leben reicht, und am Ende mit nichts dasteht, durch die Folgen seiner Arbeit vielleicht noch auf Medikamente angewiesen ist, die die Krankenkassen nicht übernehmen möchten.
Hier könnte man Steuergelder sinnvoll einsetzen, um auf die eine oder andere Art für entsprechend gute Bezahlung zu sorgen. Aber das will man "da oben" nicht. Stattdessen verpulvert man lieber Milliarden an Euros in marode Banken, die sich - mal wieder - verspekuliert haben, um diejenigen, die ohnehin mehr als genug haben (denn sonst könnten sie nicht hübsch mit ihrer Kohle zocken), vor selbst verschuldeten Verlusten zu bewahren. So sieht das aus. Wir finanzieren mit unseren Steuern die Spielsucht der Reichen. Und von dem kläglichen Rest, der dann noch übrig ist, werden dann so Dinge wie Straßen, Schulen und so weiter finanziert. Unterfinanziert, denn es fehlt an allen Ecken und Enden.
Aber gewählt werden wieder und wieder und wieder genau diejenigen, die diesen Wahnsinn immer weiter vorantreiben, von den Leuten, die (noch!) nicht davon betroffen sind, die bislang das Glück hatten, (noch!) nicht unter die Räder dieses menschenverachtenden Systems zu geraten, und die sich ernstlich einbilden, das ihrem Fleiß zu verdanken statt schlicht guten Beziehungen oder gar dem blanken Zufall. Die meisten beginnen erst dann, ernsthaft nachzudenken, wenn sie selbst davon betroffen sind. Nur ist es für sie dann bereits zu spät. Da kenne ich auch so ein paar Spezialisten. So lange sie selbst noch einen gut bezahlten Job hatten, und es für sie unvorstellbar war, jemals ohne dazustehen, waren für sie auch alle Arbeitslosen nur faule Hunde, denen man einfach die Bezüge noch nicht genug heruntergekürzt hatte, damit sie endlich mal ihren Arsch bewegen. Jetzt, da sie selbst ohne Arbeit dastehen, auf ihre Bewerbungen immer nur Absagen, Absagen, Absagen erhalten, das mühsam Ersparte aufgebraucht ist, sie selbst am staatlichen Tropf hängen, und sie selbst teils sogar vollkommen ungerechtfertigt von Kürzungen betroffen sind, ohne, daß sie dagegen wirklich etwas unternehmen könnten, denken sie anders darüber. Nur, daß es jetzt für sie zu spät ist. Sie hätten sich vorher, bevor sie vom Verlust des Arbeitsplatzes betroffen waren, dafür einsetzen müssen, daß es Arbeitslosen besser geht. Jetzt krepieren sie sehr wahrscheinlich den Rest ihres Lebens selbst so langsam vor sich hin, bis der Tod sie von ihrem jämmerlichen Dasein erlöst. Ihr Leben hatten sie sich definitiv anders vorgestellt.
Das besonders Perfide an unserem System ist, daß die Arbeitslosen tatsächlich sogar eine wichtige Aufgabe des Systems erfüllen. Sie sind da, um den Mittelstand gefügig zu machen. Um den Mittel- und Geringverdienern zu zeigen, wie es ihnen ergeht, wenn sie sich nicht noch mehr anstrengen, noch mehr Leistung bringen, noch mehr arbeiten, und sich dabei mit noch weniger Lohn bei noch mehr Arbeitszeit zufriedengeben. Und ein Großteil derer schluckt das einfach, und weil die Wahrheit, williges Zahnrad in dieser Perversion zu sein, derart unterträglich ist, blendet man sie lieber aus, man blendet sich lieber selbst, und schiebt denjenigen, die unter diesem System zusammenbrechen, selbst die Schuld dafür zu, statt einzugestehen, daß das System vor der Aufgabe, allen Menschen ein würdiges Dasein zu ermöglichen, versagt. Und das so lange, bis sie irgendwann vielleicht doch einmal selbst davon betroffen sind.