Epiphany
18 ATC - Alpheridies, ein Dorf auf dem Land
Manchmal ist es erstaunlich welchen Blick Jedi auf Religionen haben. Sie verehren die Macht, dienen ihr in vollständiger Demut und Hingabe und nichtsdestotrotz rationalisieren sie andere Glaubensrichtungen, erkennen in ihnen die personifizierten Naturgewalten und die moralischen Lektionen verpackt in Geschichten über die Götter. Veset betete regelmäßig zu Ashla, bat sie um Stärke, in schweren Zeiten auch zu Bogan um ihn zu Gnade zu bewegen. Aber war er sich der Existenz dieser beiden Götter sicher? Die Jedi lehren dass Ashla nichts weiter als die helle Seite der Macht ist und Bogan die Dunkle. Miraluka verehren beide Seiten als gegebene Konstanten im kosmischen Gleichgewicht. Das bedeutet nicht, dass sie in den Augen der Jedi grau wären, wie manche Ordensbrüder und Schwestern es so gern bezeichnen. Im Gegenteil, Miraluka lehnen Bogans Einflüsse kategorisch ab und die Luka Sene, ihr eigener Orden der Macht, setzt sich dafür, dass das Volk auf dem rechten Pfad wandelt. Veset hatte sich oft gefragt wo der Ursprung dieses Glaubens liegt. Die beiden Monde Tythons heißen Ashla und Bogan und Tython war der Ursprung der Jedi. Wann die Miraluka Alpheridies besiedelten ist unklar und woher ihr Glaube stammt ebenfalls. Eine Subkultur der Jedi? Womöglich. Das würde diese Religion ebenso rationailisieren wie alle anderen. Es gibt keine Götter, es gibt nur die Macht. Aber wer sagt dass die Macht nicht auch in personifizierter Form sprechen kann? Es war kompliziert und egal wie oft Veset die Argumente in seinem Kopf abwog, er kam zu keinem klaren Ergebnis. Nichtsdestotrotz betete er. Die Macht ist allumfassend und allgegenwärtig, was kümmert es sie mit welchem Namen sie angesprochen wird nicht wahr? Veset Djerak, betender Agnostiker.
Nun stand er auf Alpheridies, dem Zentrum seiner Relgion. Oder war es seine Religion? Nicht der Zeitpunkt für dieses Argument. Eine Familie auf dem land hatte ihn aufgenommen, natürlich ohne zu zögern. Die andauernden Schlachten hatten ihren Tribut gefordert und Veset schwer genug verletzt um ihn zumindest über einige Jahre am weiteren Kampf zu hindern. Zudem fühlte es sich zunehmend so an als seien die Jedi nur noch Persona non Grata in den Augen der Republik und sei es nur um den Frieden mit den Zakuul aufrecht zu erhalten. Er ging, selbst er war nicht stur genug sich gegen die öffentliche Meinung einer Nation zu stellen, und er ging an den einzigen Ort an dem er sich sicher war aufgenommen zu werden. Miraluka sind ein sehr eingeschworenes Volk. Veset bat lediglich um eine Bleibe und sie wurde ihm gewährt. Natürlich half Veset auf der Farm aus, primär in administrativen Belangen und leichteren, körperlichen Tätigkeiten, seine Verletzungen ließen nicht mehr zu, das war nur fair. Er war jetzt seit zwei Wochen hier und stand vor einem Tempel. "Wie absurd..." murmelte er und brummte. Er hatte es in all den Jahren wirklich noch nicht geschafft einen Tempel seiner eigenen Religion zu betreten.
Das Dorf strömte durch die hohen Türen in den Tempel. Es war ein simples Gebäude, bestehend aus klaren geometrischen Formen. Veset verstand nicht viel von Architektur aber er war sich relativ sicher dass das ziemlich typisch war. Er folgte dem Strom. Es war ein beeindruckendes Gebäude und natürlich das Größte im ganzen Dorf. Es war nicht beeindruckend weil es ausgeschmückt war mit kunstvollen Darstellungen verschiedenster Ereignisse oder der Zurschaustellung von Reliquien, wie es andere Religionen taten. Es war beeindruckend weil es so unfassbar bescheiden war. Keine Götzen, kein Altar, kein Podium. Nur eine einzige, schlichte Halle die groß genug war das gesammte Dorfe sowie unerwartete Gäste aufzunehmen. Das ließ ihn kurz schmunzeln. Auf Alpheridies schien alles stets bereit für unerwartete Gäste. Es waren mehrere Reihen von Matten auf dem Boden ausgelegt und die hereinströmenden Dorfbewohner nahmen darauf Platz, einige im Schneidersitz, andere auf den Knien, wieder andere bezogen lediglich Stellung am Rand der Halle ohne sich zu setzen. Natürlich. Was kümmert es Ashla ob man sitzt oder steht? Veset nahm auf den Knien Platz am Rand einer der Reihen Platz, neben ihr ließ sich eine junge Frau nieder deren Roben sie ddeutlich als Angehörige der Luka Sene auswiesen. Veset nickte ihr höflich zu, dann erhob auch schon eine raue Frauenstimme am Ende der Halle das Wort, just nachdem sich die Türen des Tempels mit einem dumpfen klang geschlossen hatten.
Auch sie trug die Roben der Luka Sene, wiesen sie allerdings von deutlich höherem Rang aus. Veset hatte sie noch nie im Dorf gesehen aber das überraschte ihn nicht. Die Luka Sene reisten auf aufs Land um dort ihre Predigten zu halten. Genau genommen waren sie keine Priester, soetwas gibt es in der Religion der Miraluka nicht, aber sie verstanden sich als wegweisende Instanz für ihr Volk und handelten entsprechend. "Brüder und Schwestern." Ihre Stimme wirkte sehr angenehm auf Veset, beruhigend und schlicht und ergreifend wohlklingend. "Ich will nicht viel Worte verlieren. Die Felder sind bestellt, die Arbeit getan. Ihr habt euch alle einen Moment der Ruhe und Ausgeglichenheit verdient. Lasst uns beten." Und dann begann sie zu singen.
Bei Ashla sie sang! Veset kannte das Gebet, er erkannte es schon an der ersten Zeile. Eine simple Bitte an Ashla um ihren Segen für das was kommen mag. Er hatt noch nie mit anderen Mirlauka gebetet, von seinen Brüdern einmal abgesehen und die sind unter Jedi aufgewachsen wie er auch. Sie sang das Gebet und es erschütterte die gesammte Halle in ihren Grundfesten. Ihre Stimme sicher und kräftig und einfach richtig. So als bräuchte es nicht den Wortlaut des Gebets, so als wäre das gesagte Wort nichts weiter als eine plumpe Ausdrucksweise um eine viel tiefgreifendere Wahrheit zu vermitteln. Einige der Zuschauer stimmten in den Gesang mit ein, erst die Anwesenden der Luka Sene, dann nach und nach die Dorfbewohner. Jede Stimme ergänze das Gebet in einer Weise die Veset schlicht und ergreifend nicht verarbeiten konnte. In diesen Momenten des Gesangs gab es keinen Krieg, es gab keinen Schmerz, kein Umfeld wie auch immer geartet. Dieses Gefühl war Veset merkwürdig vertraut so als hätte er es schon hunderte male durchlebt ohne es wirklich wahrgenommen oder verstanden zu haben. Er öffnete den Mund in einer Geste der Erkenntnis. Natürlich. Meditation. Sie meditierten. Alle der hier Anwesenden verbanden ihren Willen und kamen der Macht nahe, erzeugten dabei eine einzige, simple Umgebung der Klarheit und es als beeindruckend zu bezeichnen konnte dieses Gefühl nicht einmal im Ansatz beschreiben. Schließlich verstummte der Gesang und Veset bemerkte dass seine Lippen bebten und er sein Gesicht vollkommen perplex dem Boden zugewendet hat. Plötzlich spürte Veset wie jemand seine Hand ergriff und sie sanft drückte. Er schreckte hoch und brauchte nur den Hauch einer Sekunde um zu erkennen dass es die Frau neben ihm war. Sie lächelte schmal.
"Wir alle haben Momente der Schwäche. Lasst sie euch nur nicht definieren." sprach sie leise. Veset konnte nicht antworten. Er konnte einfach nicht. Er war kein Agnostiker mehr.