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Freitag, 16. Oktober 2015, 20:13

[Dermod Namara] Gleichgewicht

Ein Tag im Tempel

Er begann in allen Räumen immer in den Ecken. Dort lag am meisten Dreck und es schien ihm auch systematisch zu sein, Schmutz von dort aus in die Mitte zu befördern, um ihn dann aufzusammeln. Einmal bat Dermod Meister Jormin, zur Seite zu treten, damit er ihm nicht versehentlich über die Füße fegte.

„Kehre alle Räume im Erdgeschoss des Tempels, Padawan“, hatte Meisterin Tarran ihm aufgetragen. Mehr hatte sie dazu nicht gesagt, bevor sie nach Alderaan abreiste, diesmal ohne, dass er dabei sein konnte. Dermod Namara hatte auch nicht nachgehakt. Er liebte es, selbst Antworten zu finden, und fragte nur, wenn er keinen Weg erkannte, sie zu ergründen.

Deshalb hatte er auch nicht versucht, den Vorgang des Kehrens mit Hilfe des Archivs oder anderer Quellen in Bezug auf den Jedi-Kodex zu setzen. Ihm schien, dass der Auftrag anders gelautet hätte, wäre dies der richtige Weg gewesen. Dermod begann einfach zu kehren, und nach einer Weile erschien es ihm seltsam befriedigend.

Als er fertig gekehrt hatte, war der Container fast bis zum Rand voll mit Staubflusen, Haaren und kleinen Partikeln sonstiger Art. Dermod hob ihn hoch und ging los, um ihn zu entleerern.

Nach einiger Zeit, die er durch die Flure des Tempels geirrt war, begriff er, dass er keinerlei Ahnung hatte, wohin der Schmutz normalerweise kam, den sie alle produzierten: Anwärter, Padawane, Ritter, Meister, Gäste und Droiden. Ein wenig ratlos trat er ins Freie.

Eine junge Padawan, die er vom Sehen kannte, konnte ihm nicht weiterhelfen. „Der Dreck?“, sagte sie und zog die Augenbrauen hoch. „Nein, das kann ich dir nicht sagen. Tut mir Leid.“ Auch gab es keine größeren Container oder Saugvorrichtungen, die sich anboten, um den Schmutz loszuwerden.

Ein ihm fremder Ritter schüttelte nur den Kopf, als Dermod ihn fragte, wohin der Staub und Dreck entsorgt würden. Langsam wurden dem jungen Padawan die Arme schwer. Doch plötzlich wusste er, wen er fragen musste.

„Hallo Droide“, sprach er einen der Protokoll-Roboter an. „Kannst du mir sagen, wohin ihr den Dreck entsorgt, wenn ihr saubermacht?“

„Dreck?“, fragte der Droide zurück und fast klang es empört. „Den saugen die Mausdroiden auf, die für diese Arbeit zuständig sind.“

„Ah!“, erwiderte Dermod, erleichtert, dass er des Rätsels Lösung endlich gefunden hatte. Kurz dachte er nach, wo er einen Mausdroiden finden könnte. Dann begriff er.

„Könntest du für mich-“, wandte er sich an den Protokoll-Droiden, als dieser ihm schon den Container abnahm und innerhalb kurzer Zeit einen Mausdroiden herbeigerufen hatte.

Dermod ging zum Tempel zurück, suchte sich eine ruhige Ecke und begann, zu schreiben.
"Geduld ist nicht gerade meine Stärke"
- Satele Shan -

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Jestocost (17.10.2015), Dexter (20.10.2015)

2

Dienstag, 20. Oktober 2015, 11:26

Einige Tage später.

„Ich habe es verstanden, Meisterin Tarran“, sagte Dermod. Er bemerkte, dass seine Stimme hell klang, optimistisch. Vielleicht klang sie auch nach Stolz. 'Darüber sollte ich nachdenken.'

Kathla Tarran wandte ihren Blick nicht von den Fragmenten ab, die vor ihr auf dem Arbeitstisch ausgebreitet waren. Immer noch fanden sich nach dem imperialen Angriff auf Tython Trümmerteile und alle, die sich auskannten, versuchten, herauszufinden, wozu sie gehörten, um vielleicht manches wieder zusammensetzen zu können. Seine Meisterin hatte sehr gute Augen, auch, wenn sie bereits 74 Jahre alt war.

„Ah, Glückwunsch“, sagte sie in dem für sie typischen scharfen Ton. „Was auch immer das sein mag, Padawan.“

Dermod runzelte die Stirn.

„Ihr habt mir eine Aufgabe gegeben, und ich habe den Sinn dahinter verstanden“, sagte er und versuchte zu verhindern, dass nun Irritation aus seinen Worten zu hören war.

Jetzt drehte sich die Jedi doch um und blickte ihren Padawan, der in der Tür stand, mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Faszinierend“, sagte sie. „Nicht nur einen Sinn, sondern auch noch einen Sinn dahinter. Dann erzähle mir.“

Dermod sammelte sich und fokussierte sich auf den Jedi-Kodex. 'Es gibt keine Leidenschaft, es gibt Gelassenheit.'

„Ihr wolltet, dass ich begreife, dass ich den Boden nicht aus den Augen verlieren soll, wenn ich mich mit Forschung und Philosophie befasse“, begann er. „Ihr wolltet, dass ich verstehe, dass ich viel gelernt haben mag, aber nicht einmal weiß, wie der Kreislauf unseres Lebens aufrecht erhalten wird. Und ihr wolltet, dass ich über den Status und die Bedeutung anderer Wesen und Rassen nachdenke, sie nicht unterschätze – auch nicht die Droiden.“

Er blickte Kathla Tarran aufmerksam ins Gesicht. Die Jedi zog eine Haarnadel aus dem weißen Knoten, in den ihre Haare am Hinterkopf gebunden war, und steckte sie dann wieder fest hinein. Dann legte sie ihre Hände zusammen und sah den jungen Mann auf seltsame Art und Weise an. 'Vielleicht ist es Trauer?', dachte der Padawan. 'Oder Tadel?'

„Ach, Dermod“, sagte sie. „Vermutlich wirst du darüber Vorlesungen halten, bevor du dreißig Jahre alt bist, ja?“ Sie schnaubte. „Das Leben ist aber keine Lehrveranstaltung. Ich fürchte, das wirst du wohl auf nachdrückliche Art und Weise lernen müssen.“

Sie drehte sich wieder um und starrte auf die Fragmente. „Hilf mir, das hier zusammenzusetzen, Padawan.“
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Jestocost (21.10.2015)

3

Freitag, 6. November 2015, 20:14

Drei Wochen danach.

Dermod wusste, dass er, was den Umgang mit dem Vibroschwert an betraf, mehr als ein bisschen hinterher hinkte. Andere hatten nach zwei Jahren Zeit als Padawan bereits ein eigenes Lichtschwert geschmiedet. Er konnte das neidlos anerkennen – weil es ihn nicht interessierte.

„Denkt Ihr, dass es mir wirklich bestimmt ist, ein Lichtschwert zu führen, Meisterin?“, fragte er nach einer Unterrichtsstunde Kathla Tarran. „Kann ich nicht auch ein Jedi sein, wenn ich keine Waffe führe? Wird die Bedeutung des Lichtschwerts dafür, ein Jedi zu sein, nicht überschätzt? Immerhin, es ist doch nun einmal eine Waffe. Jedi sollten niemals leichtfertig eine Waffe nutzen." Kathla Tarran reagierte nicht sofort auf seine Worte. Sie holte, als sie aus dem Tempel nach draußen traten, erst einmal tief Luft und schloss die Augen.

„Ich habe keine Ahnung“, erwiderte sie dann und ging mit flottem Schritt weiter. „Aber du hast ja keine Neigung dazu.“

Gedanken verloren lief er neben ihr her in Richtung Kaleth. Was meinte sie mit dieser Äußerung? Wollte seine Meisterin etwas bei ihm provozieren? 'Ist sie erzürnt?' Er spürte aber keine Verärgerung bei ihr, nur Gelassenheit und-

Als der Horranth aus dem Gebüsch auf ihn zu sprang, bemerkte Dermod es so spät, dass er nur gerade eben noch rechtzeitig die Vibroklinge zog, die er auf Anweisung immer bei sich trug. Er konnte sie zwischen sich und das geifernde Tier bringen, bevor es seine Zähne in seinen Leib schlagen konnte. Mit einem Augenblick Verwirrung registrierte er, dass Meisterin Tarran seelenruhig weiter ging.

Der Horranth sprang wieder an ihm hoch; Dermod machte instinktiv einen Satz zurück und brachte sich selbst in die Verteidigungshaltung. Gestikulierend und brüllend versuchte er, das Tier zu verjagen. Seine Bemühungen hatten keinen Erfolg. Aber den nächsten Angriff konnte er spüren, bevor er begann, und ihm mit einem Aufwärtsschlag begegnen: Diesmal traf er das Tier, das sich gerade im Sprung streckte, in eine Bauchfalte, und unmittelbar danach stieß er die Klinge, ohne einen Moment zu zögern, von oben in den Kopf des Horranths.

Mit aufgerissenen Augen stand der Padawan neben dem toten Wesen und starrte es an.

„Dermod! Was hast du dir denn dabei gedacht?“, hörte er eine Stimme neben sich. Kathla Tarran zog ihre Augenbrauen ein wenig hoch.

Auf ihrem Gesicht war keine Regung zu erkennen, wirklich kein spitzbübisches Lächeln oder so etwas.

Aber er konnte es hören.
"Geduld ist nicht gerade meine Stärke"
- Satele Shan -

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Dexter (06.11.2015)

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